Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 77
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0079
Bestimmungen dieser Art mögen die Bürger 1524 bei Otters Ausweisung in der Ansicht bestärkt
haben, sie hätten zumindest mitzuentscheiden. Doch beharrten sie nicht rechthaberisch
darauf, sondern sie baten den Ritter Wolff von Hürnheim, er möge Jakob Otter „ nach Recht
und zu einer gebührlichen Verantwortung " verhelfen und handhaben, was dieser ihnen zugestand
. Dies war ein sehr zweifelhaftes Zugeständnis. Wir wissen aus Luthers Ergehen auf dem
drei Jahre zuvor durchgeführten Reichstag von Worms, was nach damaligem Sprachgebrauch
„gebührliche Verantwortung" bedeuten konnte. Luther wurde damals freies Geleit zugesagt,
um seine reformatorischen Schriften vor Kaiser und Reich zu verantworten. Er sollte sie jedoch
weder inhaltlich begründen noch verteidigen, sondern lediglich als seine Schriften identifizieren
und widerrufen. Als er dazu nicht bereit war, wurde ihm zwar auf Drängen einiger Fürsten
nochmals eine Frist von drei, schließlich acht Tagen gewährt, aber nicht um über Formulierungen
zu verhandeln, sondern um zu widerrufen. Schließlich wurde die Reichsacht über ihn verhängt
und er entkam nur durch einen Geniestreich seines Landesherrn Kurfürst Friedrich von
Sachsen auf die Wartburg bei Eisenach, wo er für einige Monate als „Junker Jörg" untertauchte,
bis er im März 1522 wieder in Wittenberg auftauchte, um allzu eifrige „Reformer" zu zügeln.
Dies hat nicht unmittelbar mit Jakob Otter zu tun, zeigt aber, wie damals bestehendes Recht
gehandhabt wurde und was sich oft hinter wohlwollend klingenden Worten wie „gebührliche
Verantwortung" verbergen konnte.

2.2. Wolff von Hürnheim und die Kenzinger Freiheiten - ein Dauerstreit

Im Karlsuher Generallandesarchiv (GLA) findet sich ein dicker Faszikel über die Auseinandersetzungen
der Kenzinger mit ihrem Pfandherrn Wolff von Hürnheim vor der Provinzregierung
in Ensisheim. In mehreren sich oft wiederholenden, auch noch auf seinen Nachfolger14 erstreckenden
Darstellungen und Gegendarstellungen berufen sich die Bürger sowohl auf ihre
damals schon 300 Jahre alten „Freiheiten" als auch auf Rechte und Zuständigkeiten, die von
ihnen später zusätzlich erkauft worden waren.

Hauptsächlich ging es bei diesen Auseinandersetzungen um Kompetenzfragen, etwa bei der
Besetzung des Rates der Stadt. Die Bürger beriefen sich dabei auf ein Dokument von Herzog
Luitpold von Österreich aus dem Jahr 136015, in dem ihnen bei der Besetzung des Rates zugestanden
wird, dass sie, falls sich ein Ratsherr nicht gebührlich verhält, ihn durch einen anderen
ersetzen dürfen. Nun hatte laut ihrer Beschwerde16 Wolff von Hürnheim zwei von ihnen benannte
Ratsherren abgelehnt, was sie als Verstoß gegen ihr verbrieftes Recht ansahen17.

In einem weiteren Punkt ging es um die Gerichtshoheit. „Auch soll man wissen, dass Diebstahl,
Mord, Totschlag und auch ander all Unzucht, Frevel ob der eyniger beschehe [= geschehe] In
der vorgeschriebenen Freiheit außerhalb der Statt Kentzingen da soll der Rat und die Zunftmeister
in der Statt zu Kentzingen über Richten18. " Dazu berief man sich auf einen Brief von
Friedrich von Osenberg vom Dienstag nach Ostern aus dem Jahr 1350. Dass sie dieses Recht
erkauft haben, bestätigt ihnen Wolff von Hürnheim, verweist aber darauf, dass sie es trotzdem
im Namen der Herrschaft ausüben19, d.h. er gesteht es ihnen nur mit Vorbehalt zu. In einem
vierten Punkt betonen sie, dass sie bis zum Beginn der Pfandherrschaft des Ritters Wolff ihre
„Dienstleyt, die sie doch selbs verlohnen müssen", ein- und abgesetzt haben, und es Herrn
Wolff nicht gestattet werden soll, dass er jemand aus „Ihren Diensten oder usser der Stadt
vertreiben wolle "20.

11


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0079