Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 146
(PDF, 62 MB)
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nennen können, die nach seinen Plänen gerade (1821/1822) ihre zeittypische klassizistische
Umformung erfahren hatten23. So indes verharrt sein ahnungsvoller Blick von Burg zu Burg
in erfüllter Sehnsucht. Die grenzenlose Weite der Landschaft ist hier Ausdruck des Romantischen
. Ihre gottgegebene Existenz, ihre gediegene Ordnung ist keiner Kopfgeburt eines eitlen
Gartenarchitekten geschuldet, sondern dem Selbstverständnis kultivierter Landschaftspflege.
Im unbegrenzten Bewusstsein von Transzendenz wird die Existenz Gottes erfahrbar. In der
Beschränkung des Ideellen auf irdische Gefilde mag man den Gesichtsausschnitt mit Justinus
Kerner immerhin als „ ein Stück Italien auf deutschem Grunde " begreifen24. Für unsere Zeit
hat auch Max Schefold ihm nachempfundene Worte gefunden: „Hätten Lorrain und Poussin
diese Gegend besucht, sie würden zuverlässig einige Ansichten derselben ihren entzückenden
Darstellungen von Tivoli und Albano beigefügt haben. Wirklich erinnern die Umgebungen von
Badenweiler oft an jene Lieblingssitze der Römer. Die Ansicht der Landschaft längs dem Rheine
und den Vogesen ist den großen schönen Fernsichten beizuzählen, welche die genannten
Maler mit so viel Vorliebe und so meisterhafter Kunst dargestellt haben. [...] Das Anschauen
einer solchen Gegend sättigt nie, der unaufhörliche Licht- und Schattenwechsel verleiht ihr
stets einen neuen Glanz25. "

Südlich von Badenweiler, am Isteiner Klotz, lockten die Rheinauen zu spektakulärer Naturbetrachtung
an (Abb. 6). Noch war dort die durch Johann Gottfried Tulla erwirkte Begradigung
des Rheins als Wirtschaftsweg nicht durchgeführt worden. Peter Birmann macht uns in seinem
großartigen Gemälde glauben, dass die Landschaft so beschaffen war, wie er sie uns vergegenwärtigt26
. Von jeher gab es auf dem Felsmassiv des Isteiner Klotzes einen Aussichtspunkt, der
in klassizistischer, will sagen romantischer Zeit in wohlgefälliger Eigenschaft des Grundherrn,
Freiherrn von Freystedt, erneuert wurde - gewiss mit Christoph Arnolds Zutun. Eine datierte,
für geografische Messungen bestimmte Skizze zeigt uns, wie dieser Aussichtspavillon - vom
Geometer als „Lusthaus " bezeichnet - anno 1829 ausgesehen hat27 (Abb. 7). Wiederum handelt
es sich um eine hölzerne Konstruktion, diesmal auf polygonalem Grundriss. Den grandiosen
Ausblick von da oben wird so manchen Romantiker, sofern er nicht vor lauter Staunen verstummt
ist, zu verklärten Aussagen animiert haben. Johann Jakob Schneider, seines Zeichens
Pfarrer in Lörrach, hat 1841 über das „Badische Oberland" ein Buch geschrieben, das er im Kapitel
über Istein ähnlich wie Justinus Kerner als „Deutschlands Arkadien " bezeichnet28. „ Wölbt
sich auch so führt er aus, „ kein griechischer Himmel über seine Berge und Thäler, so trägt
es dem ungeachtet die liebende mütterliche Natur an ihrer weichen Brust; es nährend mit ihren
edelsten Säften; es erfreuend mit der reichsten Gabenfülle; es schmückend - das Jahr hindurch
- mit defm] Zierlichsten von Flora 's Lieblingen. Ja auch über den gewaltigen mächtigen Felsen
hat sie einen zarten Blumenteppich gezogen, wie du es wahrnimmst mein Freund, wenn Du
den Isteiner Klotz besteigst. "

Zu Füßen des Felsmassivs liegt das Winzerdorf Istein mit seiner majestätisch auf einer Anhöhe
gelegenen Kirche. Sie wurde 1820 nach einem schon etwas älteren Entwurf von Friedrich Arnold
erbaut. Christoph Arnold hat in seiner Eigenschaft als Baudirektor den Bau in die Wege
geleitet, ohne angeblich zu wissen, dass der Entwurf von seinem Bruder stammte. Johann Ludwig
Weinbrenner, beider Arnolds Vetter, der als Bezirksbaumeister zeichnete und gern als Architekt
der Kirche angesehen wird, hat deren ungefährdeten Entstehungsprozess garantiert. Mit
ihm, dessen bedeutendstes Bauwerk die noch erhaltene Synagoge in Sulzburg ist, verstand sich
Christoph Arnold gut, und wenn es beider Dienstgeschäfte erlaubten, machten sie schon mal
einen Abstecher ins benachbarte Basel. Dort wirkte als Stadtbaumeister Melchior Berri, ein von
Karlsruhe her bekannter Studienkollege, der zu Arnolds Schülern gehörte und sich eingedenk
romantischer Freundschaftspflege zweifellos über einen Besuch gefreut haben dürfte.

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