Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 151
(PDF, 62 MB)
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Gen Süden, außerhalb des Martinstores, sollte der Ausbau der Stephanienvorstadt erfolgen. Am
heutigen Holzmarkt baute Arnold nach bürokratisch ausgefochtenen Divergenzen mit Hübsch
das Gefängnis. Mit Hilfe von Lumpp richtete er am Rempart im ausgedienten Militärlazarett,
einem stattlichen Barockbau von Leonhard Wippert, der in Freiburg gern als Rempartkaserne
verkannt wird und deshalb mir nichts dir nichts dem Neubau der Universität weichen durfte,
ein Zuchthaus ein und jenseits der Dreisam traf er Vorkehrungen zur Neugestaltung des Botanischen
Gartens.

Die Bauaufgaben, mit denen Arnold in seiner Freiburger Schaffenszeit konfrontiert wurde, waren
also recht vielfältig. Wohnhäuser zu bauen war eine Grundvoraussetzung seines Berufes,
und das mündig gewordene Bürgertum erwies sich dafür als die probate Zielgruppe schlechthin
. Städtebauliche Maßnahmen verlangten ihm Weitsicht und Geschicklichkeit ab, um Gebautem
im Einklang mit topografischen Vorgaben Ordnung und Schönheit angedeihen zu lassen.
Einfachheit - Simplizität - als ästhetischer Wert entsprach einem gesunden, allem Hybriden
abträglichen Empfinden. Selbst die großen öffentlichen Gebäude sollten nach seinem baukünstlerischen
Selbstverständnis den Maßstab des Menschlichen wahren, ohne deshalb eines spezifischen
baulichen Charakters entbehren zu müssen. Ihren eigenen Charme riefen die vielen
Kirchen hervor, die unter Arnolds Federführung in unseren Breiten gebaut wurden. Großartige
Herrenhäuser, wie sie sich in der Barockzeit der Adel geleistet hat, waren zu seiner Zeit nicht
mehr erschwinglich, doch sind annähernd vergleichbare Projekte für Partikuliers überliefert.
Nicht zu schade war sich Arnold aber auch für untergeordnete, von der älteren Kunstgeschichte
eher ignorierte Baulichkeiten wie Scheunen oder Schutzdächer, zu denen praktisch ja auch sein
Pavillon auf dem Burgturm in Badenweiler zählt (Abb. 1), oder das seinerzeit von ihm erneuerte
Dachwerk über der dortigen römischen Therme. Es war dies ein Bauwerk ohne künstlerischen
Anspruch, das einzig und allein dem Zweck zu genügen hatte. Obschon von Generation
zu Generation verbessert und heute durch ein attraktives Glasdach ersetzt, hat es mit dazu
beigetragen, die wertvolle archäologische Anlage zu erhalten.

Für Herbolzheim, wenige Kilometer nördlich von Kenzingen gelegen, hat Arnold 1819 eine
Zehntscheuer entworfen, die zwei Jahre später auch gebaut wurde33. Sie stellte sich in rechteckiger
Form mit typischem Satteldach dar. Zwei rundbogige Einfahrten wiesen in symmetrischer
Entsprechung eine der Längsseiten als Hauptfassade aus. Schmale Fensterluken unterhalb
des Dachansatzes sorgten für gute Belüftung, galt es doch die eingelagerten Zehntabgaben, die
in Form von Naturalien erhoben wurden, vor Fäulnis und Schimmelbefall zu bewahren. Zwei
signierte Planzeichnungen umfassen das überlieferte Projekt, von dem hier statt der Gebäudeansicht
das Blatt mit dem Schnitt und dem Werksatz wiedergegeben sei (Abb. 11). Abgesehen
von der steinernen Ringmauer besteht der ganze Innenbau und natürlich der Dachstuhl aus
Holz. Stein und Holz sind die sich ergänzenden Baumaterialien der griechischen und römischen
Antike, der sich der Klassizismus, namentlich derjenige weinbrennerscher Prägung verpflichtet
sah. Hier aber spielt das Altertum so gut wie keine Rolle. Erfahrungswerte des Zimmerhandwerks
, die bewährte Eigenart deutschen Fachwerks, tragen dem Zweck und der Solidität dieses
an sich anspruchslosen Baugegenstandes vollends Rechnung. Dass sich in der Konstruktion
und auch im Handwerklichen ein übergeordneter ästhetischer Reiz offenbart, ist nicht zu übersehen
. Das gilt ebenso für Arnolds zeichnerische Darstellung, die er ja nicht mithilfe eines
Computers ausgeführt hat, sondern nur mit Feder und Wasserfarben am Reißbrett. Wie viel Zeit
mag er sich genommen haben, um mit derart augenfälliger Akribie allen technischen Details
gerecht zu werden - und das bei einem Bauwerk, mit dem an sich kein Staat zu machen ist?
Könnerschaft und eine unverkennbare Liebe zum Gegenstand zeichnen ihn, den Sohn eines
angesehenen Karlsruher Zimmermanns, hier als versierten Techniker aus.

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