Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 223
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0225
dieses Jahres. Der BVD-Kreisvize Spree [sie! richtig: Spreh] betonte, dass der deutsche Osten
eine Aufgabe des ganzen deutschen Volkes sei. „ Wie unsere Ahnen, so müssen auch wir wieder
von vorne beginnen." Nach der Pause gab es eine humoristische Einlage aus einem schlesi-
schen Erntefest, das in Mundart von Gerhard Scholz gesprochen wurde. Das lustige Singspiel
„Das Himmelsloch" lud alle zum Mitsingen ein. Es folgten Gedichte, Erzählungen und Lieder.
Zum Tanz spielte die Kapelle Repkow [sie! richtig: Rekow].

Der Abdruck des Programms verdeutlicht, dass bei der Veranstaltung in hohem Maße die stolze
Selbstdarstellung im Vordergrund stand. Die Einheimischen sollten zur Kenntnis nehmen,
dass die Vertriebenen über eine reiche Heimatkultur verfugten. Indem der Berichterstatter wesentlich
mehr auf die Reden als auf die kulturellen Beiträge der Veranstaltung einging, besagt
dies auch etwas über die mangelnde Strahlkraft solcher kultureller Veranstaltungsbestandteile.
Nichtsdestoweniger richtete der BVD-Ortsverband mindestens noch einmal - nämlich im Oktober
1958 - eine Erntedankfeier mit Tanz in der Turn- und Festhalle aus84.

Des Weiteren sind noch die Weihnachtsfeiern zu erwähnen. Hierbei standen die Kinder und die
Alten im Vordergrund. Dabei wurde nicht nur das Gruppengefühl gestärkt, sondern über die
Erinnerung an Weihnachten in der alten Heimat besonders gefühlsträchtig an das Heimatbe-
wusstsein appelliert. Wurde 1949 die Weihnachtsfeier noch von den Wohlfahrtsorganisationen
veranstaltet - dem Vorsitzenden Scholz verblieb nur, sich artig im Namen der Flüchtlinge zu
bedanken85-, so konnte 1950 der IG-Vorstand noch keine größere Weihnachtsveranstaltung,
aber immerhin mithilfe von Kenzinger Geschäftsleuten, des Roten Kreuzes und Bürgermeister
Leberers eine Weihnachtsbescherung für junge und alte Flüchtlinge organisieren86.

Die letzte BVD-Weihnachtsfeier fand 1958 im „Hirschen" statt87. Als der Ortsverband Ende
1958 die Stadt um die alljährliche Weihnachtsfeierspende bat, hieß es: „ Wir haben den Be-
schluss gefasst, unsere Weihnachtsfeier am 13. Dezember nur in der Form einer Versammlung
durchzuführen^." Wohl aus der Vorahnung heraus, dass es die letzte Weihnachtsfeier
sein würde, wurde sie recht symbolgeladen und pathetisch gestaltet. Der geschäftsführende
Vorsitzende Schmidt begrüßte unter anderem Bürgermeister Leberer. Oberschullehrer Karl
Beyerle und der als Ersatz eingesprungene Oberlehrer Curt Kleinstück gestalteten größtenteils
den musikalischen Rahmen. Die Zeitung schrieb: „Die Tische waren mit den Wappen aller
abgetrennten Gebiete bestellt und dazwischen mit Tannengrün und Kerzen verziert. " Schmidt
gedachte der Toten der Weltkriege, Bombennächte, Vertreibung sowie der Ahnen und Kinder,
die in heimatlicher Erde begraben waren. Für ihn bildeten die Symbole und Werte der Heimat
eine Aufforderung, die verlorenen Gebiete nicht aufzugeben. Frieden auf Erden solle kommen.
Eberhard Krall sprach ein Heimatgedicht, auch Mundartgedichte einer gebürtigen Stettinerin
waren zu hören. „Feierlich und eindrucksvoll wurde , Heimat wir rufen Dich'vom 1. Sprecher
Herrn Loch, 2. Sprecher Herrn Schmidt und Zitherbegleitung durch Herrn Klose jr., vorgetragen
. Auf einem großen Wappen brannten zu Ehren der Toten zwei Kerzen. Für die aufgerufenen
Landesteile wurde jeweils eine Kerze entzündet. " Nach einigen Weihnachtsliedern ging man
zum unterhaltenden Teil über. Im Gegensatz zu früheren Feiern gab es keine Tombola mehr.

Obwohl die „Kenzinger Zeitung" 1959 „ Vorweihnachtliche Erinnerungen an die Heimat" in
Ostpreußen und Pommern brachte und über diverse Weihnachtsfeiern in Kenzingen berichtete89
, fehlt ein Hinweis auf eine Weihnachtsfeier der Vertriebenen. Auch 1960 fand anscheinend
eine solche nicht statt. Dieses Vakuum füllte teilweise die katholische Caritas, indem sie 1961
zusammen mit dem Kenzinger Vikar Georg Hanisch, selbst ein Vertriebener aus Schlesien, eine
Feier für die katholischen Vertriebenen veranstaltete90.

223


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0225