Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 204
(PDF, 66 MB)
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Landwirtschaft, Rebbau und Gewerbe bestimmten bis weit in das 20. Jahrhundert
hinein den Charakter der Stadt. Die Landwirtschaft litt unter niedrigen Erträgen,
Folge starker Zersplitterung der Flur, unzureichender Düngung und Sortenpflege
sowie des nur zaghaften Einsatzes von Maschinen. Zusätzlich drückten Importe
auf die Preise.

Der Rebbau ging im Laufe des Jahrhunderts spürbar zurück; das hatte viele Ursachen
. Die Parzellen waren noch kleiner als im Feldbau und nur schwer zugänglich.
Der Boden wurde in mühseliger Handarbeit oft noch mit der Hacke gelockert. Die
Bestände waren überaltert, und die Bogenerziehung forderte einen hohen Arbeitsaufwand
. Beliebt waren Massenträger wie Elbling und Räuschling, aus denen sich
kaum Qualitätsweine keltern ließen. Infolgedessen blieben die Preise unzulänglich
. Dicht stehende Reben begünstigten die Ausbreitung von Krankheiten und
Schädlingen. Das Auftreten neuer Rebkrankheiten (Oidium, 1850; Peronospora,
1882) und die massenweise Verbreitung der Reblaus (seit 1881) brachten den
Rebbau in Baden fast zum Erliegen.

Eine andere Sonderkultur konnte nur teilweise für Ersatz sorgen. Die von Napoleon
1806 gegen Großbritannien verhängte Kontinentalsperre drosselte Importe,
was dem Tabakanbau zugute kam, über den Sturz des Franzosen hinaus. In Ken-
zingen wurde der Tabak in kleinen Filialbetrieben auswärtiger Firmen zu Zigarren
und Stumpen verarbeitet. Niedrige Löhne begünstigten die Schaffung von
Arbeitsplätzen, auch solcher für Jugendliche im Alter von unter 16 Jahren. Man
nahm gesundheitliche Schäden in Kauf, die denen drohen, die Tag für Tag zwölf
Stunden lang mit Tabakblättern zu tun haben.

Der ,Zunftstein' aus dem Jahr 1496 (Abb. 10) hält die Erinnerung an Handwerke
fest, die seit dem Mittelalter in der Stadt ausgeübt wurden: In der Nahrungsmittelproduktion
(Bäcker, Fischer, Metzger), Leder- und Textilverarbeitung (Schuhmacher
, Weber), Holzverarbeitung (Schreiner, Wagner, Zimmermann), Metallverarbeitung
(Schlosser, Schmiede), Dienstleistungen (Gastwirte, Krämer). Im 19.
Jahrhundert kam es zu vielfältiger Spezialisierung, etwa in der Metallverarbeitung
(Blechner, Dreher, Kupferschmied, Nagelschmied und Uhrmacher) und im
Bereich der Dienstleistungen (Apotheker, Bader, Barbiere, Fuhrleute). Kaminfeger
fanden ihr Auskommen auch deshalb, weil der Staat mit immer strengeren
Maßnahmen der Brandgefahr vorbeugen wollte.

Chancen der Industrialisierung hat man in Kenzingen, man kann es nicht anders
sagen, verschlafen. Eine 1807 im ehemaligen Kloster Wonnental eingerichtete Fabrik
, in der Zichorien, ein Wurzelgewächs, zu Kaffee-Ersatz verarbeitet wurden,
gedieh nicht recht und wurde 1812 nach Freiburg verlegt. Filialbetriebe auswärtiger
Unternehmen boten meist weniger als 25 Arbeitsplätze; das gilt für die schon
erwähnte Stumpen- und Zigarrenproduktion sowie für die Verarbeitung von Holz
zu Leitern, Tischen, Stühlen und weiteren Waren. Dazu kamen Handwerksbetriebe
in Familienbesitz, auch sie mit nur wenigen Arbeitsplätzen, ferner Brauereien und

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