Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 213
(PDF, 66 MB)
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Zweiter Weltkrieg

Am 1. September 1939 ließ Hitler die Wehrmacht in Polen einmarschieren. Damit
entfesselte er mutwillig einen Krieg, der sich in wenigen Tagen zu einem Weltkrieg
weitete; denn Großbritannien und Frankreich standen zu ihren Hilfsversprechen
Polen gegenüber.

Für die Kenzinger fing der Krieg harmlos an. Gastfreundlich nahmen sie Frauen,
Kinder und Alte auf, die aus grenznahen Orten ,rückgeführt' und im Hinterland in
Sicherheit gebracht wurden. Im Juni 1940 begeisterten sie sich über die Einnahme
von Paris, die vernichtende Niederlage Frankreichs und bald darauf die „Heimkehr
unserer siegreichen Truppen ".

Die Wehrmacht siegte noch oft. Doch seit 1941 mehrten sich in der Zeitung Anzeigen
wie „In getreuer Pflichterfüllung für Führer, Volk und Vaterland erlitt unser
lieber und unvergeßlicher Sohn, Bruder, Schwager und Onkel [...] im blühenden
Alter von 24 Jahren [...] den Heldentod". Seit 1943 rief das Regime lauthals
zum totalen Krieg auf; mit unvorstellbarer Brutalität führten ihn die Soldaten und
erlitten ihn die ,Volksgenossen'. Britische und amerikanische Bomber legten ganze
Städte in Schutt und Asche; Frauen, Kinder und Alte wurden in Gegenden
evakuiert, die als bombensicher galten, etwa aus Westfalen und Thüringen nach
Kenzingen.

Umquartiert wurden auch Rüstungsbetriebe. Da es an deutschen Arbeitern fehlte,
wurden ausländische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter
, diese vor allem aus Polen, Jugoslawien und der Sowjetunion, in der Kenzinger
Industrie eingesetzt; in der Landwirtschaft hatten Kriegsgefangene schon
seit 1939 gearbeitet. „Fremdvölkische Arbeitskräfte im Landvolk?" fragte man
besorgt in der Zeitung. Nicht nur den Nationalsozialisten galten Slawen als Untermenschen
. Und die sollten nun in Haushalt und Landwirtschaft, Industrie und
Handwerk übernehmen, was bis dahin Angehörigen der vermeintlichen Herrenrasse
vorbehalten war!? Die Machthaber hofften, die Deutschen würden „Abstand
und Haltung gegenüber Fremdvölkischen " wahren. Von denen sind in deutschem
Gewahrsam Millionen umgekommen: verhungert, erfroren, an Krankheit und/
oder Entkräftung gestorben, erschlagen, erschossen, vergast.

Manche Kriegsgefangene haben gute Erfahrungen gemacht. Sie haben wie Treuhänder
für ,ihre' Familie und ,ihren' Betrieb gesorgt. Tn Kenzingen drängte ein
Russe bei Zeichen von Gefahr: „ Frau mit Kinder in Wald!" Einem zwangsverpflichteten
französischen Hilfsarbeiter, Jose Cabanis, hat „Die Pforte" den 24725.
Jahrgang gewidmet (Nr. 46-49, 2004/2005). 1922 geboren, kam Cabanis mit 21
Jahren nach Kenzingen, wo er von 1943 bis 1945 im Rüstungsbetrieb Kaiser-
Apparatebau schuften musste. Cabanis erfuhr, dass die Menschlichkeit auch in
wüster Zeit nicht erstorben war. Er überlebte und arbeitete nach Abschluss seines
Studiums als Anwalt in Toulouse. Als erfolgreicher Autor von Romanen und Essays
, als Literaturkritiker und Kolumnist wurde er Mitglied der Academie Fran-
caise. Im Jahr 2000 verstorben, wurde Cabanis auch in Kenzingen geehrt.

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