Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 280
(PDF, 66 MB)
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Der Heilige Pollio (auch: Pullio)

Nach der Verfolgung durch Kaiser Decius gab es noch einige weniger ausgeprägte
Verfolgungen unter den Kaisern Valerian, Galerius und Aurelian. Dann folgte
von 300 bis 305 eine Verfolgungswelle unter Kaiser Diokletian. Diokletian verordnete
und führte die umfangreichsten und blutigsten Christenverfolgungen mit
sogar vier Kaiseredikten durch. Nach Einschätzung des Historikers Ludwig von
Hertling wurden durch die Verfolgungen etwa 50 000 Christen getötet. Zur Zeit
des Präfekten Probus erfassten die Verfolgungen 304 auch Pannonien. Diese Verfolgungen
zeugen von einer organisierten und menschenreichen Christuskirche in
Pannonien4. In dieser kritischen Situation innerhalb und außerhalb der Kirche von
Cibalae erschien der energische und schwungvolle Pullio. Anscheinend stammte
er aus Cibalae. Allein schon sein Name bestätigt die Tatsache, dass er ein Einheimischer
war. Pullio ist weder ein lateinischer und noch weniger ein griechischer
Name; deshalb ist es wahrscheinlich ein heimischer, illyrischer oder keltischer
Name. Sein richtiger Name ist Pullio, nicht Pollio. Dreizehn Mal ist er in der pas-
sio Pollionis als Pullio vermerkt. Kein einziges Mal steht dort Pollio oder Pollion.
Als Christ verrichtete er in jungen Jahren treu den Dienst als Vorleser oder Lektor
bei kirchlichen Versammlungen. Mit der Zeit wurde er ein gebildeter und geschulter
Mann. Er wurde ein primicerius lectorum (deut: der Erste der Lektoren) oder
mit anderen Worten Lehrer und Erzieher der Auszubildenden für den kirchlichen
Dienst, vor allem der Lektoren.

Als unter den Kaisern Diokletian und Maximian die blutigen Christenverfolgungen
ausbrachen, begann der syrmische Präfekt Probus als Verwalter der großen
römischen Provinz Pannonien das Kaiseredikt dort gleich in die Tat umzusetzen.
Unter dem Vörwand, dass es um das gemeine Wohl ging, verließ er sogar den
Verwaltungssitz in Syrmium (Hauptstadt der Provinz Pannonia secunda) und fing
an, andere Städte zu besuchen. So kam er auch nach Cibalae, wo er über Pullio
urteilte5. Als er am 27. April nach Cibalae kam, wurden alle Christen gefangen
genommen, die kein Opfer darbrachten. Darunter war auch Pullio. Der Präfekt
beschuldigte ihn, Mädchen Angst vor der Ehe gemacht zu haben und sie zur unversehrten
Reinheit und Jungfräulichkeit gedrängt zu haben. Pullio weigerte sich
entschlossen, den römischen Göttern zu opfern, so wurde er von Probus zum Tode
verurteilt und bei lebendigem Leib verbrannt. An einem eine Meile von der Stadt
entfernten Ort wurde die Strafe sogleich vollzogen und so fand der Erste der Lektoren
am 27. April 304 als Sieger (Ehrenname der frühchristlichen Märtyrer) die
ewige Ruhe. Das war derselbe Tag, an dem einige Jahrzehnte zuvor auch Bischof
Eusebius von Cibalae während der Christenverfolgungen (249-260) den Märtyrertod
erlitten hatte. Mit Pullio endete eine sehr stürmische Periode der Entste-

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