Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 299
(PDF, 66 MB)
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In launiger Weise fahrt die junge Frau fort: Hatten die Kinder das Gebet richtig
aufgesagt, dann packte der Pelznickel aus seinem Sack die Geschenke aus. Wenn
vorschnell danach gegriffen wurde, gab es Schläge auf die Finger, auch für die
Alten. Zudem versuchten die Eltern die Kinder beim Gebet zu verunsichern und
„beteten":

„ Christkindche kumm, mach mich frumm,

dass ich mit dir ins Hinckelhaus [Hühnerhaus] kumm. "

„Aber fragen Sie net, wie es do losgang is. Da waren Türen und Fenster zu klein,
da hat's geb, weil die Alte so nein geschwätzt han" [Aber fragen Sie nicht, wie
es da losgegangen ist. Da waren Türen und Fenster zu klein, da hat's (Rügen und
Hiebe?) gegeben, weil die Alten so hinein geschwätzt haben], ergänzt die Tochter.

Nun schildert die Erzählerin das Weihnachten-Wünschen, das im ganzen donauschwäbischen
Raum verbreitet war19. Am Morgen des ersten Weihnachtstags
besuchten die Kinder in ihren besten Kleidern „ Goden " (Patinnen) und Paten,
um ihre „Godesach" (Patensache = Patengeschenk) abzuholen: Äpfel, Nüsse,
Feigen, Zucker, Schokoladenpelznickel, Lebkuchenpferde für die Buben und
Lebkuchenpuppen für die Mädchen, Sack- oder Kopftücher, Spielzeug, Bücher
oder Kaffeetassen oder ein anderes schönes Geschenk. Nach den Besuchen konnte
keines seine Geschenke mehr übersehen, weil jedes Kind je drei Paten und
Goden hatte. Das Gesagte unterstreichend betont die junge Frau: „Sou [So] war's
halt bei uns!" Dann setzt sie fort: Mittags gingen die Kinder zu ihren Großeltern,
bei denen Gebäck und Wein angeboten wurden. Allgemein gab es zu Weihnachten
gutes Essen, man schlachtete Gänse und Hähne, backte Torten und mehrere Arten
Kleingebäck wie „Bärenpratzen, Muschkazone [Muskatgebäck], Rollad', Nußstangen
, Vanillekränzl" und gefüllte Oblaten. Nochmals verstärkt die Erzählerin
ihre Aussagen, diesmal mit der Wendung: „Des wäre ma halt nie vergesse [Das
werden wir halt nie vergessen] /"

Bei dieser Darstellung Weihnachtens erinnert die Informantin die Kindheit als
paradiesische Zeit. Weihnachten dient hier als Chiffre für eine Zeit des Wundersamen
, des Überflusses und der Geborgenheit. Die Verstärkungsformeln zeigen,
wie sehr sich die Erzählerin an diese Erinnerung kettet. Durch sie tritt hier noch
intensiver der Gegensatz zwischen positiv erinnerter Vergangenheit und harter
Gegenwart hervor.

An den Weihnachtsbericht schließt die Erzählerin ihre Erinnerungen zu Neujahr
an. „Durchmarsch" nannten die Burschen ihr Neujahr-Wünschen. Die größeren
nahmen am Silvesterabend von zu Hause eine Bratwurst und Wein mit, was sie
miteinander verzehrten. Wenn sie schon „schön angeheitert" waren, gingen sie

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