Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
37. und 38. Jahrgang.2017/2018
Seite: 220
(PDF, 59 MB)
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zinger Frauen, die ihr durch die Berichte der ausgewiesenen Bürger vor Augen
stand. So entschloss sich die wortgewandte und theologisch gebildete 26-jährige
zur Feder zu greifen, um den bedrängten Frauen einen Trostbrief zu schreiben,
der im Juli 1524 in Straßburg bei der Offizin Wolfgang Köpffei als Flugschrift im
Druck erschien.[3] Dies war ihre erste Veröffentlichung, mit der sie als Autorin
auch über ihre Heimatstadt hinaus bekannt wurde: „Den leydenden Christglaubi-
gen weyberen der gmein zu Kentzigen mitten mitschwestern in Christo Jesu zu
handen". Die erste Auflage erschien mit schmucklosem Titelblatt ohne Namensnennung
der Autorin. Die Länge der acht Blatt umfassenden Erstschrift bewegte
sich im Rahmen, der für Flugschriften üblich war. Eine zweite Auflage erlebte
ihre Publikation im gleichen Jahr in Augsburg.[4]

Katharina Zell war weder die erste noch die einzige Frau, die sich durch eine
Flugschrift an der Streitkultur der Männer beteiligte. Sie war allerdings die einzige
Autorin, die aus der bürgerlich-handwerklichen Schicht stammte und deren
publizistisches Engagement nicht, wie bei den anderen Flugschriften-Autorinnen,
auf die Frühzeit der Reformation beschränkt war, sondern einen Zeitraum von
mehr als drei Jahrzehnten umfasste. Das neue Massenmedium bedeutete nicht nur
den entscheidenden Zugang zur Öffentlichkeit, waren Flugschriften doch für eine
breite Bevölkerungsschicht erschwinglich, sondern ermöglichte auch die Überlieferung
an die Nachwelt. Flugschriften spielten eine entscheidende Rolle bei
der Verbreitung reformatorischen Gedankenguts im Volk. In den Jahren 1523 und
1524 erlebte die Produktion ihren Höhepunkt, um nach dem Bauernkrieg 1525 ein
recht abruptes Ende zu finden.

Neben weiteren Begründungen, wie dem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen
und dem Notmandat, waren es zwei biblische Belegstellen (Joel 3,1; Gal 3, 28),
durch die sich auch Laien zu schriftlichen Stellungnahmen ermutigt fühlten. Sie
dienten als Legitimationsbasis für die Redevollmacht aller, denen die öffentliche
Rede sonst nicht gestattet war. Auch das reformatorische Schriftprinzip verhalf
dem öffentlichen Wirken Katharina Zells zu einer Grundlage. Nach Martin Luthers
(1483-1546) Verständnis war die Heilige Schrift, als die maßgebliche Autorität
im Glauben, in ihren Aussagen klar und verständlich, sodass sie auch Laien
lesen, aufnehmen und auslegen konnten.[5]

Die in diesem Brief Katharina Zells vorliegende Textgattung „Trostschrift" hat
eine lange Tradition, die bis in das Alte Testament zu den Propheten Israels zu-

Pi Vgl. Anm. [1], S. 177, Anm. 667.

[4] Vom Erstdruck der Trostschrift ist ein Exemplar in der Marienbibliothek Halle unter der Signatur X 1.8
Okt (6) vorhanden. Ein Digitalisat des Erstdrucks stellt die Staatsbibliothek Berlin zur Verfügung:
http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0000C21C00000000

[5] Vgl. Armin Buchholz, Schrift Gottes im Lehrstreit. Luthers Schriftverständnis und Schriftauslegung in
seinen drei großen Lehrstreitigkeiten, Gießen 2007, S. 268.

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