Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 107
(PDF, 34 MB)
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D II A

Deutsch-Israelischer Arbeitskreis südlicher Oberrhein e.V.

Vorsitzender: Robert Krais, Im Altwick 11,77955 Ettenheim

Telefon: 07822/5804

Einladung der Gemeinde Kenzingen von ihrem ehemaligen Bürger Leo Epstein 14.7 1999

Als Vorsitzender des DIA möchte ich der Stadt Kenzingen danken dafür, daß sie anläßlich
ihres Stadtjubiläums ihren „Sohn" Leo Epstein aus Rio de Janeiro eingeladen hat.

Das ist nicht selbstverständlich, denn wir Deutsche tun uns schwer mit der Erinnerung an all
das, was im sog. 1000-jährigen Reich an Frevel und Unrecht unseren jüdischen Bürgern
angetan wurde. Die zehn Jahre dauernde Diskussion um das Holocaust-Denkmal in Berlin, die
nun noch weiterdauern wird im Zusammenhang mit dem beschlossenen Anbau eines
Dokumentationszentrums o.a., beweist das. Kein Denkmal, kein Wort, keine Denkschrift
nichts wird das darstellen oder beschreiben können, was wir mit den Begriffen „Holocaust'
oder „Shoah" zu umschreiben versuchen.

Mancher im Raum hier mag nun denken, daß solche Gedanken nicht zu einer Jubiläumsfeier,
wie sie die Gemeinde Kenzingen in diesen Tagen feiern kann, passen, daß sie da nicht hin
gehören.

Zu einem Jubiläum gehört aber doch wesentlich der Blick in die Vergangenheit, gehört die
Erinnerung, gehört der Blick auf das Erbe, das uns die Generationen überlassen haben. Ein
Erbe hat etwas Verbindliches, man kann es annehmen oder auch ausschlagen, man kann es
aber nicht nach Gutdünken aufteilen.

Der DIA ist bereit, das ganze Erbe der Geschichte anzunehmen. In diesem Sinne hat
.Annegret Keßler immer wieder daran erinnert, daß es auch in Kenzingen jüdisches Leben gab.
Und sie konnte so den Bogen zu den noch heute lebenden Leo Epstein nach Rio de Janeiro
und zu seiner Schwester Betti Epstein-Kaufmann nach London sowie m Alice Dreifuß-Goldstein
nach Warwick/USA schlagen. Im Sinne vom früheren Bundespräsidenten Richard von
Weizsäcker, der einmal sagte: „ Wir Deutsche müssen uns erinnern... das ist unsere Aufgabe
nicht die der Opfer " hat sie im Zusammenwirken mit Herrn Hämmerle der Gemeinde den
Weg zu dieser Einladung geöffnet. Und so dokumentiert die Gemeinde Kenzingen mit dieser
Einladung, daß sie das ganze Erbe auch ihrer Geschichte annimmt, daß sie zu einer Beendigung
des Verdrängens dieser für uns heute nicht mehr vorstellbaren Unrechts- und Greueltaten
beitragen will, daß in Deutschland eine Generation heranwächst, die bereit ist, sich mit dem
Erbe ihrer Vorfahren aus dem sog. 1000-jährigen Reich auseinander zu setzen. Hier in
Kenzingen hat dies in vorzüglicher Weise Herr Reinhold Hämmerle getan. Ihm möchte ich an
dieser Stelle dafür herzlich danken !

Frau Keßlers und Herr Hämmerles Wirken sind ganz im Sinne unseres DIA. Bei der
Verleihung der Hermann-Maas-Medaille am 2. Febr. 1997 in Gengenbach habe ich diesen
unseren Auftrag wie folgt beschrieben:

„Die Zeit alleine heilt die Wunden nicht Zeit alleine verarbeitet ohne unser eigenes Zutun
weder Schuld noch Kränkung. So ist ein zentrales Motiv unserer ehrenamtlichen Arbeit im
DIA, mehr von der ganzen Wahrheit vergangener Ereignisse deutsch-jüdischer Geschichte
zu erfahren. Diese Erfahrungen aus der südlichen Ortenau möchten wir mosaiksteinhaft
zusammenzusetzen versuchen, um so das Bild ehemals jüdischen Lebens bei uns aufhellen zu
helfen und damit zu einer Beendigung des Verdrängens beizutragen. Denn zu Geschichte wird
nur das, was beschrieben und festgehalten wird. "

Ich möchte daher der Gemeinde Kenzingen für die Einladung an Leo Epstein, Reinhold
Hämmerle für die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte von Kenzingen und Annegret Keßler
für ihr nimmermüdes Betreiben der Einladung und der Geschichtsschreibung danken.

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