Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 150
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2019-39/0152
wach halten

Arbeitsgemeinschaft fir Geschichte und Landeskunde arbeitet Geschichte der Kenzinger Juden auf

Von unserem Mitarbeiter
Helmut Reiner

KENZINGEN. „Entdecken Sie das geschichtliche
und kultureile Erbe" - so
laden die Veranstalter des Europäischen
Tags der jüdischen Kultur für
Sonntag, 7. September, vielerorts zu
Veranstaltungen ein, auch in Emmendingen
. Die Pforte-Redaktion der Arbeitsgemeinschaft
für Geschichte und
Landeskunde in Kenzingen beschäftigt
sich gegenwärtig mit dem Schicksal und
der Darstellung der Kenzinger Judenfamilien
. Das Ergebnis wird in der Jahres-
ausgäbe 2009 publiziert.

Geschichtsbewusstsein setzt immer Erinnern
voraus. Dessen waren sich auch die
Herausgeber der „Geschichte der Stadt
Kenzingen" (1999) bewusst, als die erstmals
in Wort und Bild die Angehörigen
der hiesigen jüdischen Familien und ihr
bitteres Ende beim Namen nannten. Heute
ist es kaum möglich, mehr als nüchterne
Daten und Fakten über das Leben, die
Emigration und Deportation dieser Menschen
zu ermitteln. Was bleibt, ist die Erinnerung
wach zu halten, noch mögliche
Kontakte zu pflegen und den kommenden
Generationen das Gefühl für Menschlichkeit
und Toleranz vermitteln, um solche
furchtbaren Ereignisse zu verhindern.

Ein ermutigender Versuch in diesem
Sinne war die offizielle Einladung des
einstigen Bürgersohns Leo Epstein zum

Stadtjubiläum 1999. Er war einst früh
ausgewandert und konnte bei diesem An-
lass eine Erinnerungstafel am Rathaus
enthüllen, mit der Inschrift: „Die Stadt
Kenzingen gedenkt ihrer gedemütigten,
entrechteten und verfolgten jüdischen
Mitbürger". Auch die Angehörigen des
hochbetagten Gastes, der nach 63 Jahren
wieder seine alte Heimat sehen durfte,
der Sohn Elie mit Gattin, Alice Goldstein-
Dreifuß, sowie seine Nichte Irene Decou-
Epstein und deren Ehemann, waren von
dieser Begegnung sehr beeindruckt.
Auch private Kontakte über diese Tage
hinaus ergaben sich damals.

Zu einem anregenden Gedankenaustausch
kam es im Kenzinger Gymnasium,
als Alice Goldstein, die Tochter des einheimischen
Kaufmanns Siegfried Dreifuß
, auf ausdrücklichen Wunsch mit deutschen
Jugendlichen ins Gespräch kam.

Eine Art Spurensicherung ist die Aktion
„Stolpersteine". Mitglieder der Eine-
Welt-AG am Gymnasium Kenzingen und
des Jugendprojekts „Mahnmal" wollten
ein Zeichen setzen gegen die Deportation
und Ermordung der badischen Juden im
Jahre 1940. Die „Stolpersteine", von dem
Kölner Bildhauer Gunther Demnig entworfen
, wurden jeweils vor den einstigen
Wohnhäusern der jüdischen Bewohner
verlegt. Von den Betroffenen und ihrem
Schicksal wird in dem Pforte-Beitrag die
Rede sein.

Mit dem jährlichen „Inge Auerbacher-
Tag" liefert die Grundschule einen pädagogischen
Anknüpfungspunkt, junge
Menschen über die Unmenschlichkeiten
der jüngeren Vergangenheit aufzuklären
und die Verpflichtung moralischen Verhaltens
einsichtig zu machen. Die 74-jährige
Inge Auerbacher hatte das Glück, zusammen
mit ihren Eltern, das Konzentrationslager
Theresienstadt zu überleben.
Bekannt wurde die Friedensaktivistin
durch die Veröffentlichung ihres Erlebnisberichtes
„Ich bin ein Stern". Inge Auerbacher
zieht mit ihrer impulsiven Art
Jungens und Mädchen in ihren Bann und
beantwortet ihre vielen Fragen.

Die Forschungsarbeit der Arbeitsgemeinschaft
für Geschichte und Landeskunde
konzentriert sich nicht nur auf die
lokale Historie, sondern schließt auch die
Behandlung der Zeitgeschichte mit ein.
Das eigene und das fremde Tun und Lassen
kritisch zu reflektieren wird immer
ein Anliegen echter Menschlichkeit biet
ben. Umso erfreulicher ist es, wenn das
Ehepaar Decou-Dreifuß aus Le Vesinet
Cedex (Frankreich) die Aufarbeitung der
den jüdischen Mitbürgern von Kenzingen
angetane Schmach stellvertretend für alle
Betroffenen als „eine große Leistung für
die dieszeitigen und kommenden Generationen
" empfindet.

Info: Europäischer Tag der Jüdischen Kultur
am 7. September, von 11 bis 22 Uhrjüdisches

Museum, Schlossplatz, Emmendingen.

www.jewisheritage.org

Aus: Badische Zeitung vom 6. September 2008 mit Reprogenehmigung.

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