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reich und von ihren Altvordern hergebracht und gehabt haben [,gehept handt']
auf diesen heutigen Tag und sollen sich auch dabei beheben, schirmen, schützen
und handhaben "6?. Von Bedeutung ist allerdings auch die Betonung des Gewohnheitsrechts
durch die Stichworte „ Gewohnheit" und „Herkommen weil diese in
der Zeugenvernahme immer wieder eine Rolle spielten. Für den konkreten Fall
der Fischereirechte heißt es dann bezüglich des dritten Artikels der Beschwerden
von Bürgermeister und Rat gegen den Pfandherrn, „ dass die von Kenzingen
Macht gehabt, ehe der Wasserzins von der Elzbach auf eine Jahressumme [fest]
gestellt [wurde] zwischen dem Herrn und den Fischern "68. Dass es „ dabei bleiben
müsse ", wird aus einem Brief der Herren von Üsenberg erwiesen: „ sein Datum
dreizehnhundert und vierzig Jahr. Danach in dem ersten Jahr an dem festen Zinstag
vor Sankt Martinus Tag"69.
Bei Streitigkeiten, die dennoch entstehen, gilt diesem Brief an Wolff Philipp zufolge
, „ darüber soll der Rat von Kenzingen Gewalt haben das zu sprechen und zu
[ent-J scheiden in dem Maß als Fischherr gewöhnlich ist". Man kann also sagen,
der Streit der Kenzinger mit ihrem Pfandherrn endet auf der ganzen Linie mit
einem Sieg der Stadt Kenzingen, da sich ihre Ansprüche aus den entsprechenden
Dokumenten belegen ließen.
4. Armut oder hoheitliche Freiheit?
Es ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob es sich bei dem Streit um das Fischereirecht
um ein Ernährungsproblem oder ein Freiheits- und Hoheitsrecht handelt.
Immerhin scheint die Stadt Kenzingen mit den Üsenbergern eine jährliche Zinszahlung
als Gegenleistung für das Fischereirecht vereinbart zu haben, die jeweils
um Martini fällig wurde70. Demnach, könnte das Fischereirecht ursprünglich bei
der Herrschaft gelegen haben und hätte zusätzlich zu den mit der Stadtgründung
gewährten Freiheiten erkauft werden müssen, allerdings zu einer Zeit, an die man
sich nicht mehr genau erinnern konnte, da sie vor „ Menschengedenken " lag. Für
diesen Kauf muss es allerdings einen Grund gegeben haben. Dass es bei dem
Fischen in der Elz bis einen „Armbrustschuss " weit in den Rhein hinein71 nur um
eine Prestigefrage gegangen sei, ist kaum anzunehmen. Mehr spricht dafür, dass
man auf die Fische als Nahrungsmittel angewiesen war.
Auch in den „Zwölf Artikeln" der Bauern von 1525 spielt das Fischereirecht eine
wichtige Rolle: „[...] Der viert artickel. Zum vierten ist bisher im brauch gewesen
, daz kain armer man nit gewalt gehabt hat, das willpret, gefligel oder fisch
in fließendem wasser nit zu fachen [fangen] zugelassen werden, welchs uns ganz
unzimlich und unbruederlich dunkt72. " Allerdings ist die Bezeichnung „ armer
Mann" kein eindeutiger Begriff73. Er verweist zwar darauf, dass die damit Bezeichneten
in „relativer" Armut lebten, jedenfalls im Vergleich mit den höheren
Ständen. Allerdings stellt Thomas Adam in einem Kapitel „Arm, weniger arm,
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