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Der Pfarrer als Bauherr
Als Zehntherr (Decimator) Wittnaus hatte
Pfarrer Leopold Koch hauptsächlich für die
Kosten des Kirchenneubaus von 3479 Gulden
und 19 Kreuzern aufzukommen. Gemeinde
und Kirchenfabrik vermochten nur
Fronarbeiten, freiwillige Holz- und Steinlieferungen
und bescheidene Geldbeiträge
beizusteuern. Dem Pfarrer gelang es, die unvermeidliche
Beanspruchung mit Hilfe von
zwei großen Krediten zu bewältigen. Aus
diesem Grund ließ er über dem Hauptportal
„seiner" Wittnauer Kirche eine steinerne
Vierpassplatte mit dem Text „R.D.LEOR
KOCH PFARRER 1795" anbringen. Was so
an den Kirchenneubau und dessen Finanzierung erinnerte, wurde beim Bau des
Windfangs unter Pfarrer Dr. H. Ginter 1955 abgenommen und an den Sakristei-
Eingang versetzt. Pfarrer Leopold Koch, am 29. Januar 1736 in Kenzingen geboren
, übernahm 1777 die Seelsorge in der Pfarrei Wittnau. Als er am 19. April
1800 hier hoch geachtet starb, rühmte ihm das Sterbebuch nach, dass er „ 1778 die
Pfarrscheuer und 1796 die Pfarrkirche zu seinem und der Pfarrkinder wahrem
Trost neu erbaut und sich besonders in der Krankenhilfe ausgezeichnet" habe.
Wo sich Gottes Volk versammelt
Trotz Kriegszeit und wirtschaftlicher Schwierigkeiten erreichte die Gemeinde
Wittnau mit ihrem baupflichtigen Pfarrer Leopold Koch am Ende des 18. Jhs., dass
eine neuen Ortskirche nach barocken Vorstellungen gebaut werden konnte. Die
Pfarrangehörigen trugen mit Fronarbeiten, Materialzufuhren und persönlichen
Opfern zum Werk bei, zu dem der spätere kaiserliche Hofarchitekt Johann Amann
die Pläne vorgelegt hatte. Das Heilsgeschehen zu vergegenwärtigen war im 18.Jh.
nicht nur ein Anliegen der Liturgie, sondern auch der Kirchenbaukunst, die sich
mit ihrer Symbolik und Bildwelt als Medium der Frömmigkeit verstand. Drei
Altäre, Kanzel und Orgel wurden in den Dienst der Seelsorge gestellt. Deswegen
darf heute eine Kirche des 18. Jhs. mit ihrer Ausstattung aber nicht als Museum
missverstanden werden. Das Gotteshaus tritt zwar den Gläubigen und Besuchern
in seiner Geschichte entgegen, bleibt darüber hinaus jedoch bis heute Versammlungsort
für gemeinsame Gottesdienste und Erfahrungsraum des Glaubens. Die
Kirche, durch die Generationen liebevoll gepflegt, ist nach wie vor der Herzpunkt
der Pfarrei, von dem aus sich Gnade und christliche Lebensfreude ergießen können.
Abb. 3: Gedenkplatte des Pfarrers
Leopold Koch (1795).
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