Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
40. und 41. Jahrgang.2020/2021
Seite: 80
(PDF, 44 MB)
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Doch wie nahm alles seinen Anfang? Das Gründungsjahr der Eintracht ist das Jahr
1870. So steht es überall in Urkunden, dieses Datum ist auf frühesten Fotografien
zu sehen. Es besteht also Einvernehmen, dass die Gründung des Männergesangvereins
in Kenzingen auf das Jahr 1870 datiert, also die Zeit, da kurz darauf das
Deutsche Reich gegründet wurde, nachdem zuvor der Krieg mit Frankreich gewonnen
war. So wird es auch in einer späteren Festschrift mit Jubelton bestätigt.
Aber wie passt dies zu den bisher leider nur in Kopien vorliegenden Urkunden,
die eine rege Gründungsaktivität schon im Jahre 1863, also bereits sieben Jahre
früher, beurkundet? Wir lesen, verfasst in wunderschöner Kanzleischrift, dass in
den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine konstante Sängerschar sich regelmäßig
zum Chorgesang zusammenfand und den unbedingten Willen zur Vereinsgründung
hatte. Es waren Bürger mit ehrbaren Berufen, die eine Vereinsgründung
erstrebten. Der Zeit entsprechend wurde damals ausnahmslos in Schriftstücken
jeweils der Beruf hinzugefügt.

Es wurde noch im Jahre 1863 ein Statut mit allen erforderlichen Bestimmungen
entworfen (Abb.: 3), die auch heute noch mit wenigen Abstrichen Geltung haben
könnte und der Obrigkeit vorgelegt. Es fanden ab dann nicht nur Gesangsproben,
sondern auch schon diverse Vergnügungsveranstaltungen in den örtlichen Gaststätten
statt („... im Hirschwirtshause.."). Sowohl die Probenlokale wie auch die
Orte der „Vergnügungsveranstaltungen" waren aber jeweils zuvor „untertänigst"
der Obrigkeit zu melden.

Es finden sich aber, verteilt über Jahre, mehrere Schreiben an die Obrigkeit, die
die gewünschte Vereinsgründung zum Gegenstand hatten. Da fragt es sich schon,
weshalb es mindestens sieben Jahre dauern musste, bis der Verein dann endlich
das Jahr 1870 als sein Gründungsjahr bezeichnen durfte. Lesenswert aus dieser
„Gründungszeit" dürfte das Schreiben des damaligen Vorsitzenden Naudascher
im Jahre 1863 an die Obrigkeit sein. Es steht geschrieben:

„ Großhzgl Wohllöbliches Bezirksamt! Die Gründung eines Gesangvereines in
Kenzingen betref. Zur Ausbildung im Männergesang und zur geselligen Unterhaltung
hat sich dahier unterm 22 v. Mts ein Gesangverein gebildet, welcher seine
Probe vorläufig in dem hiesigen Schullokal abhaltet. Ich lege nun die entworfenen
von sämtlichen Mitgliedern genehmigten Statuten dieses Vereins zur gefälligen
Einsichtnahme im Anschluß vor. Kenzingen den 4 Februar 1863. Der Präsident
Herrn. Naudascher "

Was waren die möglichen Gründe für die sehr lange Wartezeit bis zur förmlichen
Anerkennung als Gesangverein? Vorläufig, bis eventuell weitere Quellen hierzu
erschlossen sind, darf spekuliert werden. Man weiß darum, dass die Ereignisse
der Revolution von 1848/1849 bei den Herrschenden ein tiefes Erschrecken
auslösten. Nach der Niederschlagung der Revolution überwachte die Obrigkeit
mit besonders kritischem Blick das allerorten Entstehen von Vereinigungen, die
es zuvor nicht gab. Erwähnt seien nur beispielhaft die zeitgleich entstehenden
Lesegesellschaften, zu denen vor kurzem unser Mitbürger Helmut Reiner einen
bemerkenswerten Artikel verfasste. Oder auch die Arbeiterunterstützungsvereine,
wovon wir in Kenzingen ja noch ein solch liebenswürdiges Exemplar haben, allerdings
mit späterem Entstehungsdatum (1881).

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