Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
40. und 41. Jahrgang.2020/2021
Seite: 96
(PDF, 44 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2021-40-41/0098
Ein ergreifendes Ereignis in Nordweil; geschehen am 20. April 1945

Französische Truppen waren, wie Pfarrer Pfaff schreibt, freudig begrüßt worden.
Später habe ein französischer Soldat gesagt, von Karlsruhe ab sei Nordweil das
erste Dorf gewesen, in dem sie so empfangen worden seien. Allerdings habe ein
Unglück das „ erlöste Aufatmen der Bevölkerung1' überschattet: Beim Abspringen
von einem Militärwagen sei ein Franzose mit einer Handgranate hängen geblieben
; „ diese war also abgezogen. Sofort schrie er angesichts der grossen Volks-
menge 2mal laut: attention (Achtung), aber niemand verstand ihn. Uber all waren
die Bewohner und die Kinder; anscheinend glaubte er, die Handgranate nirgends
hinwerfen zu können wegen der vielen Menschen; er behielt sie in der Hand, und
als sie explodierte, zerriss sie ihm beide Hände, verwundete ihn am Gesicht und
an der Brust. Sonst wurde niemand verletzt, als 2 kleine Hautschürfungen an
Kindern. - Bei der Explosion erschienen sofort aus allen Wagen die Feuerwaffen
, bis sich alles als Unglücksfall aufklärte. Der Schwerverwundete wälzte sich
am Boden, rief nach seiner Mutter, wurde unter dem Beileid der Menge in einen
Sanitätswagen gebettet, wo er in ungefähr 1/2 Stunde verstarb. Ehre seinem Andenken
, R. i. P. " - „R. i. P." ist aufzulösen mit Requiescat in pace, „ Möge er ruhen
in Frieden!"

Gern schließt der Autor sich der Aufforderung des Pfarrers an, das Andenken des
Franzosen zu ehren. Vielleicht trauern Angehörige noch heute um den uns Unbekannten
; er hat sein Leben geopfert, um Menschen zu schonen, die er vor kurzem
noch hatte bekämpfen müssen.

Wie soll man das „ erlöste Aufatmen der Bevölkerung" verstehen? Die Nordweiler
waren, um ein oft gebrauchtes Wort aufzugreifen, „glimpflich davongekommen
". Ihnen drohten keine Bomben mehr, kein Beschuss durch Bordwaffen der
Jabos und durch Artillerie - allerdings nur, wenn die deutschen Truppen endgültig
zurückgedrängt würden. Sonst wäre die als antichristlich, fanatisch und gewissenlos
gefurchtete SS kaum daran zu hindern gewesen, grausame Rache zu nehmen
an denen, die in Dorf und Stadt mit weißen Fahnen oder anders die Ubergabe
vollzogen hatten.

Themen und Fragen, die öfter begegnen, werden im Folgenden zusammengefaßt,
bezeichnende Einzelheiten weiterhin zitiert.

Von der Einquartierung Deutscher zu einem bunten Völkergemisch

Seit den Vorkriegsjahren hatten viele Orte Arbeitskolonnen zum Bau des ,Westwalls
' aufnehmen müssen, seit August 1939 und bis 1945 reguläre Einheiten der
Wehrmacht: Artillerie, Flak, Pioniere u.a.

Voller Grimm erinnert sich der Pfarrer von Oberprechtal an die etwa 100 Mann
der SS, die seit Dezember 1944 im Dorf einquartiert waren (Bericht vom 27. 6.
1945): „Die Hauptarbeit dieser Leute bestand im Poussieren. Die Mehrzahl der

96


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2021-40-41/0098