Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
40. und 41. Jahrgang.2020/2021
Seite: 99
(PDF, 44 MB)
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Kleinen die Zeit fehlte, sich in Sicherheit zu bringen. Dazu kam in den Tagen vor,
während und nach der Besetzung die Beschießung durch feindliche und deutsche
Artillerie. In der Vorbergzone hatten viele Bewohner in den weichen Löss Junker
' gegraben, Stollen, in denen Familien und Nachbarschaften das Kriegsende
überlebt haben.

Sinnlose letzte Abwehrmaßnahmen

Spätestens seit Juni 1944 war der Krieg verloren: Die deutschen Kräfte waren
zu schwach, um die ,Invasion4 zu vereiteln und den Alliierten einen Sieg- oder
Kompromissfrieden abzutrotzen. Statt die Waffen zu strecken, hat das NS- Regime
zum „Kampf bis zum äußersten!" aufgerufen. Im Oktober 1944 wurden alle
waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren, die noch nicht eingezogen
waren, zum , Volkssturm4 aufgeboten. Viele Pfarrer halten fest: Die meisten dieser
Männer waren schlecht ausgebildet und unzulänglich bewaffnet; nicht wenige seien
auf Anweisung eines einsichtigen Offiziers oder aus eigenem Antrieb noch vor
dem Einrollen der Feinde heimgegangen, um für die Familie zu sorgen. Mussten
sie sich an Kämpfen beteiligen, hatten sie hohe Verluste zu beklagen.

Als feindliche Verbände sich dem Breisgau näherten, wurden Frauen und Alte
zum , Schippen4 aufgeboten. Gräben und andere Panzersperren erwiesen sich
schon bald als nutzlos: Die Feinde kamen über Straßen, auf denen man sie nicht
erwartet hatte; sie trafen auf überraschte Verteidiger und verdutzte Bewohner.
Vielerorts - nicht nur in Nordweil - waren sie willkommen.

Führende Nationalsozialisten - pflichtvergessen und gewissenlos

Ausdrücklich hatte das Ordinariat die Pfarrer aufgefordert, sich auch zu den „Parteileuten
" zu äußern. Gemeint waren Ortsgruppenleiter der NSDAP und andere
,Hoheitsträger', NS-Bürgermeister und NS-Lehrer, ,Führer' von HJ und BdM,
SA und SS. In den ,Kriegsberichten4 erscheinen sie mit wenigen Ausnahmen als
ungeeignet für ein Führungsamt. Bis zuletzt nutzten sie ihre Macht, die längst
gebotene Ubergabe des Ortes zu verhindern und Kindersoldaten in den sicheren
Tod zu hetzen.

Aber dann waren sie plötzlich weg. In einem undatierten Bericht (wohl Sommer
1945) schreibt der Stadtpfarrer von Waldkirch: Der Ortsgruppenleiter und der
Bürgermeister (sie bleiben hier ungenannt) „ waren frühzeitig feige ausgerückt. "
Oft erfuhr man später Genaueres: Die meisten Verschwundenen hatten überlebt;
Dieser hatte sich erschossen, jener seine Familie mit in den Tod gerissen. Andere
gaben sich nach dem „Umsturz" (eine häufig gebrauchte Wendung) eine Zeitlang
kleinlaut, einige gar einsichtig; viele trotzten großspurig oder stießen dumpfe
Drohungen aus.

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