Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
40. und 41. Jahrgang.2020/2021
Seite: 106
(PDF, 44 MB)
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Schwere Lasten in der Nachkriegszeit

Schon im Sommer 1945 schätzten viele Pfarrer die Ernährungslage als höchst bedrohlich
ein. Der Mangel an Lebensmitteln, verursacht durch Requisitionen11 für
„die übergroße Zahl der Besatzung", wurde durch Plünderungen verschärft und
in Waldkirch dadurch, dass „ wir auch noch den Amtsbezirk Neustadt zum großen
Teil mitversorgen müssen." Die Franzosen sollten doch einsehen, dass „so nur
verhängnisvolle Verbitterung entsteht und ein Wiederaufbau unmöglich ist, zumal
garnichts geschieht, um die Verkehrsmöglichkeiten einigermaßen in Ordnung zu
bringen ". Wahrscheinlich wollte der Stadtpfarrer von Waldkirch dem Erzbischof
Argumente für Eingaben an die Militärregierung liefern. Conrad Gröber hat sich
mehrmals nachdrücklich für die Bewohner der Erzdiözese eingesetzt.

Die Verkehrsmisere war großenteils von Deutschen verursacht, die gegen Ende
des Krieges Brücken, Tunnel, Straßen gesprengt hatten. Wenn im amerikanisch
besetzten Teil der Erzdiözese solche Schäden rascher behoben waren, so lag das
auch daran, dass Frankreich Deutschland gegenüber eine widersprüchliche Politik
betrieb. Das sei erwähnt, muss hier aber unerörtert bleiben.

Hoffnung auf himmlischen Beistand

Unsere Eltern und Großeltern standen 1945 vor gewaltigen Herausforderungen.
Pfarrer Stoffel von Yach scheint sie fast locker zu nehmen. Er berichtet am 24. 8.
1945, im Ort habe es keine Plünderungen gegeben; allerdings seien „zwei Mädchen
von je fünf Marokkanern vergewaltigt worden ". Außer den allerorts zu nennenden
Lasten - Abgaben und Einschränkungen - „ ist hier nichts Besonderes
hervorzuheben und geht alles seinen normalen Gang".

Viele Berichte schließen mit Worten des Dankes: Gott hat Menschen, Dorf und
Kirche vor Schaden bewahrt; die Gottesmutter und der Patron der Kirche haben
um Schutz für die Notleidenden gefleht, was sie gewiss auch weiterhin tun werden
. Gelegentlich überlagern düstere Töne die Zuversicht. Die letzten Worte des
Berichtes aus Obersimonswald (26. 6. 1945) klingen wie der Ruf eines Ertrinkenden
: „Helfe uns Gott!"

11 Wie diese Zwangsabgaben aussehen konnten, zeigt die amtlich beglaubigte Aufstellung der
Gemeindeverwaltung St. Märgen für die Zeit vom 24. 4. - 1. 10. 1945: Groß- und Kleinvieh (vor allem
Geflügel); Lebensmittel, Milch und andere (auch alkoholhaltige) Getränke; Bienenvölker; 1 „Dackelhund
(reinrassig)"; Motorfahrzeuge, Fahrräder; Radios, Uhren, Schmuck (Trauringe), Barometer, Ferngläser,
Fotoapparate; (wenige) elektrische Haushaltsgeräte; Schreib- sowie Nähmaschinen; Werkzeug;
Bettzeug; Wäsche und Kleidung. Insgesamt Hunderte von Positionen im Wert von 113.734 RM.
Anlage zum Bericht von J.J. Siebold, Pfarrer und Geistlicher Rat, vom 16. 5. 1946. - Ein Maurer könnte
seinerzeit etwa 0,80 RM pro Stunde verdient haben.

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