Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
40. und 41. Jahrgang.2020/2021
Seite: 116
(PDF, 44 MB)
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Die Unterbringung war selbstverständlich in den jeweiligen Familien, die damals
noch zeitaufwendige (!) Bahnreise über Paris im Nachtzug gestaltete sich zu einer
fröhlichen Unternehmung. Dennoch war man, je näher Caen rückte, in einer eigenartigen
Spannung: werden die Sprachkenntnisse ausreichen, um sich zurechtzufinden
, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen, und überhaupt, werden
wir uns wohlfühlen?

Im Konversationskurs hatten wir uns natürlich vorbereitet für die täglichen Abläufe
in den Gastfamilien. Aber da stand noch etwas im Hintergrund, das wir
ebenfalls in unsere sprachlichen Übungen anhand historischer Texte aufgenommen
haben. Unsere Gastfamilien wohnten genau in den Orten, die 1944 mitten im
Kampfgeschehen bei der Landung der Alliierten lagen. Also wieder einmal das
Thema Krieg, das den hoffnungsvollen Entwicklungen in der deutsch-französischen
Freundschaft auch immer wieder neue Herausforderungen abnötigte.

Wir wurden nicht nur sehr gastfreundlich aufgenommen, sondern wir spürten von
Tag zu Tag mehr, dass eine positive Grundeinstellung sich sehr bald zu einer unkomplizierten
Sympathie entwickeln kann, die bei einer einfühlsamen Pflege mit
den Jahren eine echte Freundschaft entstehen lässt. Die Franzosen hatten sich auch
mit ihrer Gastlichkeit mächtig ins Zeug gelegt. Die normannische Küche mit ihren
unglaublich vielen Varianten von Füllungen in den Crepes und Galettes wurde
gerne verkostet, die Spezialitäten von Käse, Cidre und Calvados goutiert, der riesige
Markt von Caen, ein Universum von Gerüchen, Anpreisungen und Einkaufsmöglichkeiten
war für die fürs „Lädele" interessierten Badener ein Highlight.

Der Deutschkurs von Genevieve Thillays hatte - wie auch in den folgenden
Jahren - in einer guten Teamarbeit die landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten
für die Ausflüge vorbereitet. Die Fahrten durch das weiß-grüne Pays
d'Auge im Frühling waren eine Augenweide. Weiß, besonders bei leichtem Wind,
durch die Apfelblüten, grün auf den Wiesen durch den immer wieder einmal kurz
einsetzenden Regen. Im „Mekka" der französischen Maler und dem Ausgangspunkt
der französischen Entdeckerfahrten in die Neue Welt, also dem mittelalterlichen
Hafenstädtchen Honfleur an der Seine-Mündung traf man sich auch in
den kommenden Jahren, weil es so gut gefiel. Das Seebad Deauville mit seinen
Pferderennbahnen und Gestüten, schon im 19. Jh. von der Pariser Bevölkerung
geschätzt und mit einer der ersten Eisenbahnlinien mit der Hauptstadt verbunden
, war Ausgangspunkt für manche Streifzüge durch das Hinterland mit seinen
typischen Gehöften („ferme" in der Normandie, 1991), in denen Käse und
Calvados nach Rezepten langer Familientradition hergestellt wurden (Abb. 4).

Besonders fesselten die Exkursionen zu den größeren und kleineren Schlössern
und romanischen Abteien mit ihrer besonderen Akustik. In Caen zog immer
wieder die Abbaye aux Hommes, eigentlich ein „Bußwerk" von Wilhelm dem
Eroberer wegen seiner nicht ganz kanonischen Eheschließung, mit ihren musikalischen
Aufführungen uns an. Auch hier spielte das Thema Krieg wieder mit.

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