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Grußwort aus der Nachbarstadt Herbolzheim
Liebe Geschichtsinteressierte,
sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
die Nachbarstädte Herbolzheim und Kenzingen waren in der Vergangenheit nicht
nur durch den Bleichbach getrennt. Dieser Gewässerlauf markierte seit dem
9. Jahrhundert nach Christus auch eine Verwaltungsgrenze der Karolingerzeit.
Während Kenzingen wie das gesamte Gebiet südlich des Bleichbaches
zum historischen Breisgau gehörte, zählte man Herbolzheim zur Grafschaft
Mortenouwe (heute Ortenau). Dies hatte Auswirkungen auf die politische
Organisation wie auch auf die pfarrrechtliche Einbindung der jeweiligen
Gemarkungen. Während Kenzingen historisch zum Bistum Konstanz gerechnet
wurde, war Herbolzheim bis 1806 Teil des Bistums Straßburgs und so dem
Dekanat Lahr zugeordnet.
Trotz dieser vermeintlichen Trennung gab es seit dem Mittelalter auch auf zahlreichen
Ebenen enge Verbindungen im Bereich der Grundherrschaften und durch
besitzrechtliche Verflechtungen. Beide Orte gehörten seit dem 12. Jahrhundert
zu den Besitzungen der Herren von Üsenberg, die sich seit 1139 nach ihrer heute
verschwundenen Stammburg Ysenburg, nördlich von Breisach benannten.
Um 1200 erhielten die Üsenberger die Vogtei über die Güter des Frauenklosters
Andlau im Elsass. Zu diesem Besitz gehörten die Ortschaften Bleichheim, Wagenstadt
, Nordweil, Bombach, Dorf Kenzingen, Herbolzheim, Sexau, Ottoschwanden
, Bahlingen, Endingen und Kiechlingsbergen. Um das Jahr 1290 kam es zur
Teilung der üsenbergischen Herrschaft unter den Vettern Rudolf III. und Hesso
IV von Usenberg in die so genannte „Obere" und „Untere" Herrschaft.
Zur „Niederen Herrschaft", welche Rudolf III. erhielt, zählten die Stadt Kenzingen
und die Burg Kurinberc, Altenkenzingen, Münchweier, Herbolzheim, Bleichheim,
Nordweil, Bombach, Hausen (heute Rheinhausen), Dorf und Burg Weisweil, der
halbe Wildbann zu Sulzberg und die Kirchensätze zu Bergheim im Elsass und
Kappel am Rhein. Das Gebiet dieser Herrschaft - so könnte man sagen - nimmt
sozusagen den späteren Gemeinde Verwaltungsverband vorweg! Später gelangten
die Gebiete größtenteils unter die Herrschaft Vorderösterreichs. Repräsentativer
Sitz war die Kirnburg über Bleichheim, die sich heute auf dem Gebiet der Stadt
Herbolzheim befindet.
Für die zahlreichen Verbindungen auf der Ebene der Bürgerschaft soll ein Beispiel
herausgegriffen werden: Die Maria-Sand-Kapelle erscheint erstmals in einer
Beschreibung der Herrschaft Kürnberg aus der ersten Hälfte 15. Jahrhunderts.
Offenbar wurde das frühe Gotteshaus während des Dreißigjährigen Krieges stark
beschädigt, so dass man die Messe im Freien feiern musste.
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