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2. Beschreibung des Usenbergbrunnens
Er befindet sich heute unweit vom Rathaus auf einer Trottoirhalbinsel an der
kreuzenden Brot- und Eisenbahnstraße. Uberlieferte Bilddokumente, namentlich
eine „um 1860" angesetzte Lithographie von Valentin Spiess (Abb. 3) belegen,
dass er einst im Schnittpunkt der Straßenachsen aufgestellt war.8 Sichtbar in der
Flucht der axialen Ausrichtung wurde er auf diese Weise der ihm zugedachten
Repräsentanz gerecht.
Mit gewissem Stolz spricht man in Kenzingen gemäß dem Zähringer Vorbild gern
von einem „Usenberger Kreuz", allein die Versetzung des als Verkehrshindernis
empfundenen Brunnens aus dem Zentrum ,auf die Seite' konterkariert den
Gedanken, eine alles in allem gewöhnliche Straßenkreuzung aufzuwerten.
Nichtsdestotrotz bekundet uns Spiess das Bemühen der Anrainer, die örtliche
Gegebenheit auch baulich zu verschönern, und sei es nur durch einen zierlichen
Erker an der Gebäudeecke des alten Gasthauses Krone, das noch heute existiert,
aber leer steht.
Und dennoch, zugänglich von allen Seiten, gestattet der heutige Standort des
Brunnens Begegnungen von Angesicht zu Angesicht (Abb. 4). Einladend ist die
großzügige Form seines ovalen Umrisses, schön der rötliche Buntsandstein, aus
dem er gefertigt ist, dem gängigen Baumaterial unserer Gegend, das unweit von
Tennenbach oder auch Teningen (bis in die 1920er Jahre) gebrochen wurde und
vor langer Zeit auch für den Bau des Freiburger Münsters Verwendung fand. Nach
vier Seiten hin fließt das Wasser aus dem im Zentrum stehenden „Brunnenstock"
ein. Er ist viereckig und wahrt die stereometrische Form seines quadratischen
Grundrisses. Im unteren, vom Wasser umspielten Teil grobklotzig belassen, ist
er im Aufbau gestaffelt und nach Maßgabe klassizistischer Stilmerkmale von
formschöner Erscheinung, die dem anonymen Steinmetzen alle Ehre macht.
Für sich gesehen erinnert die „Brunnensäule" - so ein alternativer Begriff - an
Vorbilder antiker Grabmäler, was man ihr in den Sommermonaten aber nicht
ansieht, wenn Blumenkästen mit leuchtenden Geranien Anmut und Frohsinn
verbreiten. Hoch über uns, auf klassizistischem Postament, tritt uns der
Stadtgründer in prächtiger Präsensrüstung des 16. Jahrhunderts vor Augen, nicht
im Kettenhemd und ohne Beckenhaube, wie es zu Lebzeiten ,noch Mode' war.
Kleidsame Farben garantieren metallischen Glanz. „Geharnischt", gleichwohl
als Ritter ohne Schwert tritt uns Rudolf als Heilsbringer einer friedfertigen Zeit
entgegen. Das offene Visier lässt ein gütiges Gesicht erkennen, ein freilich der
Phantasie entsprungenes. In der Rechten, die normalerweise das Schwert führt,
hält er sein ausgerolltes Hauswappen, einen Falken- oder Adlerflügel darstellend.
Den schwerlastigen Wehrschild hat er links neben sich abgesetzt. Am oberen
Rand festhaltend, neigt er ihn etwas vor, damit wir die Aufschrift gut lesen
können: „ZUM ANDENKEN DES STIFTERS HESSORUDOLPH HERRN V.
Ossenberg welcher die stadt erbaute 1249".
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