Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
42., 43. und 44. Jahrgang, Jubiläumsband „775 Jahre Stadt Kenzingen“.2022-2024
Seite: 65
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1820 im Steindruck verbreitete Darstellung von Carl Rösch stichhaltig belegt.9
Unterschiede zeigen sich im Blick auf die Form des Brunnenbeckens und
die Ausgestaltung der Brunnensäule. Im Gestalterischen ist der Freiburger
Brunnen ausgesprochen mittelalterlich ausgeprägt, der Kenzinger klassizistisch.
Niemals käme man ohne Vorwissen auf den Sinn, im Bertoldsbrunnen ein Werk
Weinbrenners zu erblicken, während die Formensprache des Üsenbergbrunnen
unwillkürlich auf ihn verweist. Weinbrenner ist bei uns im Land der Übervater
des Klassizismus gewesen. In persönlicher Tuchfühlung mit der Antike suchte er
einen eigenwilligen Stil zu entwickeln, dessen charakteristische Merkmale sich
an unserem Brunnen vorfinden, was nicht heißt, dass er auch den Entwurf dazu
geliefert hätte. Als oberster Baudirektor im Großherzogtum Baden setzte er sich
unter anderem zum Ziel, die überall im Lande fehlenden Bauleute und Handwerker
auszubilden - recht früh schon unterstützt dabei von Christoph Arnold, seinem
ersten Schüler in Karlsruhe. Weinbrenner machte gleichsam Schule, weshalb es
nicht verwundert, dass seine beinahe genormten Bau- und Gestaltungsformen
überall aufgegriffen wurden. Besagter Arnold übrigens war in den 1820er Jahren
als Oberbauinspektor bestellter Chef des staatlichen Bauwesens in unserer Region
und eigentlich derjenige, der den klassizistischen Baustil bei uns salonfähig
machte. Auch in Kenzingen hatte er mehrfach zu tun, wie den Lesern der Pforte
bekannt ist. Hinweise auf eine Mitwirkung an der Planung des Üsenbergbrunnens
gibt es allerdings nicht. Nach Maßgabe eines Brunnendenkmals auf Großherzog
Ludwig zu urteilen, das er für Freiburg entwarf, hätte er vermutlich auch ganz
andere Gestaltungsprinzipien ins Auge gefasst. Bei all seinen Entwürfen legte er
stets größten Wert auf Harmonie aller Teile zueinander. Statt einer formgerechten
Homogenität von Brunnenbecken, Brunnensäule und Standfigur erweckt
der Kenzinger Brunnen jedoch eher den Eindruck, als sei er aus diesen drei
Elementen zufallig zusammengesetzt worden, was nicht darüber hinweg täuschen
mag, dass diese Kombination durchaus gefallig wirkt. Wie es in klassizistischer
Zeit üblich war, hätte man den mit seinen Akroterien an ein Grabmal erinnernden
Brunnenstock - sollte er vielleicht ursprünglich für ein Grabmal hergestellt
worden sein? - gut und gerne mit einem Urnengefaß bekrönen können, um so
etwa in abgeklärter Nüchternheit an den Stadtgründer zu erinnern. Auf jeden Fall
hätte Arnold den vierkantigen Cippus in ein achteckiges, der Form angepasstes
Becken gestellt, so wie es Weinbrenner seinerseits beim Bertoldsbrunnen für
richtig befand.

Merkwürdigerweise ist die Trogform des Kenzinger Üsenbergbrunnen oval und
mithin eher dem Barock verpflichtet. Mit poetischem Spürsinn immerhin läßt
sich diese ovale Form mit der Grundform der Stadt vergleichen. Im übertragenen
Sinne verweist der Wasserspiegel auf die Elz als segensreiche Umrandung
des Ortes. An jeweils zwei gegenüberliegenden Tangentialpunkten, dort wo
eine Art Nut die Umrisslinie strukturiert, stehen sich gleichsam die Stadttore
gegenüber, die axiale Ausrichtung der beiden Hauptstraßenzüge suggerierend. Im

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