Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
42., 43. und 44. Jahrgang, Jubiläumsband „775 Jahre Stadt Kenzingen“.2022-2024
Seite: 67
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ein klassizistisches Werk dieser Zeitstufe einzuordnen, da die Formelemente der
Brunnensäule eindeutig für sich sprechen.

Und selbst eine Ritterfigur behält nach Maßgabe des Freiburger Vorbilds ihre
Existenzberechtigung bei, und das, obwohl sich der Klassizismus in seiner
literarischen Ausrichtung ansonsten auf die antike Mythologie beruft. Hier nun
umgarnt ihn der Einfluss der Romantik. Einer so vielschichtigen Geisteshaltung
wie der romantischen konnte sich auch der Weinbrennersche, um nicht zu sagen
Arnoldische Klassizismus ganz verschließen. Dem Ritter wird weiterhin die ihm
seit dem Mittelalter zugedachte moralische Integrität attestiert. Ihm auch gebührt der
ausgemachte Urbane Stellenwert, vor allem, wenn wie in Freiburg und Kenzingen
ein direkter Bezug zur mittelalterlichen Stadt gegeben ist. Nach dem ältesten uns
überlieferten Bilddokument - der Lithographie von Valentin Spiess (vgl. Abb.
3), deren biedermeierliche Art der Darstellung eigentlich keinen Zweifel daran
lässt, dass sie um 1860 entstanden sein dürfte -, müsste der Üsenbergbrunnen in
seinem uns geläufigen Erscheinungsbild um die Mitte des 19. Jahrhunderts existiert
haben. Vom Zeichner bewusst ins Bildzentrum gerückt, wird ihm in Ermangelung
detailgetreuer Einzelheiten augenfällig seine Bedeutung als Dreh- und Angelpunkt
städtischen Lebens zugedacht. Im Blick auf das Bildwerk (vgl. Abb. 1 und 4) stellt
sich zugleich die Frage, ob es nicht eventuell zu einem späteren Zeitpunkt angefertigt
worden sein könnte. In ihrer farbigen Fassung wirkt, wie gesagt, die Figur Rudolfs
volkstümlich. Sie ist nahbar, der Anonymität als bloß abstraktem Bedeutungsträgers
entäußert. Bis zur baldigen Entdeckung polychromer Farbspuren an griechischen
Bau- und Bildwerken erblickte der Klassizismus ein Schönheitsideal im Purismus
der reinen Form. Das verschmitzte Antlitz unseres Regenten, der vitale Zug seines
ungriechischen Profils, der kecke wilhelminische Bart, der lebensnahe Ausdruck
schlechthin scheint dem klassizistischen Ideal erhabener, in sich ruhender Präsenz zu
widersprechen. Auch die Haltung, ein betont soldatesker Kontrapost, konterkariert
das stets angestrebte Bemühen statuarischer Ausgewogenheit im Verweis auf ein
Selbstverständnis, wie es nationalem Stolz eigen ist. All das spricht eher für eine
spätere Datierung, sofern die Figur nicht eigens überarbeitet wurde, zum 625.
Stadtjubiläum im Jahr 1874 zum Beispiel oder besser noch 1899, zum 650. Festjahr.

Einen weiteren Anhaltspunkt dafür bietet das oben monierte Stadtwappen auf
der Hauptansicht des Brunnenstocks.13 In seiner übertriebenen Größe und bunten
Aufdringlichkeit passt es so gar nicht zu dessen gediegener Formschönheit. Die
obere Rundung des Wappens lässt der eher untypisch für die Zeit geschriebenen
Jahreszahl und deren Aufteilung in die Ziffern 18 und 24 kaum mehr Platz.
Merkwürdig ist nicht zuletzt das dadurch suggerierte Geschichtsverständnis.

Ein großherzoglich badischer Staatsdiener wie Christoph Arnold, unter dessen Ägide
das Denkmal „1824" erstellt worden sein müsste, hätte gewiss kein Wappen mit
österreichischem Bindenschild geduldet, und zu Lebzeiten von Rudolf II. bestand
noch gar kein Grund, Stadt und Land dem habsburgischen Herrschergeschlecht zu
übereignen.

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