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mit allerhand Strafandrohungen und dann auch noch die erforderliche Erstellung
eines Geländeprofils taten ein Übriges, um die Sache in Verzug zu bringen. Im
Nu schrieb man das Jahr 1824. Dass es sich um ein Jubiläumsjahr handelte, war
offensichtlich niemandem bewusst. Nirgends ist von einem Üsenberg-Denkmal
die Rede, das die Arbeitsmoral hätte beflügeln können. Stattdessen drohten
die fertig herumliegenden Deichein, da „der Sonne ausgesetzt", zu verfallen.
Regressansprüche, fehlendes Material und fehlendes Geld - geschweige denn Geld
für ein Brunnendenkmal - brachten den Fortgang der Arbeiten zum Erliegen. Die
Hauptstraße gab das trostlose Bild einer unwegsamen Baustelle ab, alle Anstalten
unterbindend, die Stadt festlich herauszuputzen.
Umwege sind bisweilen erforderlich, um einer Sache von allgemeinem Interesse
näher zu kommen. So erst ergeben sich Perspektiven ungeahnter Erkenntnis.
Dem Krieg ist es geschuldet, dass es Weinbrenners Bertoldsbrunnen in Freiburg
nicht mehr gibt. Ihn zum Vorbild nehmend, lebt in Kenzingen mit Rudolf II. von
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Usenberg der so formulierte Denkmalsgedanke fort. Beide Herrscher, ein Bertold
wie ein Rudolf, verkörpern den Stand des edlen Ritters. Gewiss war Rudolf
nicht nur Stadtgründer, christlicher Wohltäter oder ein pazifistischer Edelmann,
sondern ebenso machtbesessen wie seine Kontrahenten und in seiner Kriegslust
keinen Deut besser als die Zähringer, denen er nacheiferte. Mit Genugtuung
nehmen wir zur Kenntnis, dass es den Üsenbergbrunnen, wann auch immer er
geschaffen wurde, überhaupt gibt. Im Gegensatz zu manchem blutrünstigen
Kriegerdenkmal anderer Städte präsentiert er sich als ein lebensbejahendes Werk,
das zum Verweilen einlädt, um sich an seinem sommerlichen Blumenschmuck
und dem besinnlichen Plätschern seines Wasser zu erfreuen.
Anmerkungen / Quellen
1 Die Brunnenthematik ist breit gefächert. Ein Resümee für die Zeitspanne zwischen dem Mittelalter
und dem Barock gibt Georg Lill im Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, RDK, Bd. 2, Stuttgart
1948, Spalten 1278-1310.
2 So komplex der geschichtliche Hintergrund ist, kann hier nicht in extenso darauf eingegangen werden.
In knapper Zusammenfassung sei hier um des allgemeineren Verständnisses willen gesagt, dass die
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Usenberger, oder vornehmer ausgedrückt, „die Herren von Usenberg", ein freies Adelsgeschlecht waren,
das zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert in der Zeitgeschichte von sich reden machte. Stammvater
soll im 10. Jahrhundert ein gewisser Dietrich von Rimsingen gewesen sein. Die Üsenberger lebten
nördlich von Breisach auf dem Üsenberg in ihrer Üsenburg, die 1291 zerstört - und da Kenzingen im
Entstehen begriffen war - dem Verfall preisgegeben wurde. Bis zur Fertigstellung der Stadt übten sie
ihre Regierungsgewalt von der Burg Höhingen auf dem Schlossberg bei Achkarren aus. Darüber hinaus
gehörten noch weitere Burgen zu ihrem Besitz, so eine bei Riegel und vor allem die Kirn- oder Kürnburg
oberhalb von Bleichheim, die 1219 als die eigentliche Residenz der Üsenberger erwähnt wird und von der
noch heute archäologisch wertvolle Ruinenreste vorhanden sind. Inmitten seiner Besitztümer, sozusagen
auf halber Strecke zwischen den erwähnten Burgen, hob Rudolf II. von Usenberg als neues Zentrum seines
Machtbereichs im Jahre 1249 die Stadt Kenzingen aus der Taufe. Näheres dazu bei Jürgen TrefTeisen,
Reinhold Hämmerle und Gerhard A. Auer, Die Geschichte der Stadt Kenzingen. Von den Anfangen
bis zur Gegenwart, Kenzingen 1998/1999; Jürgen Treffeisen, Die Gründung der Stadt Kenzingen im
Jahr 1249 (Festvortrag zum 750jährigen Stadtjubiläum im Jahr 1999), in: Die Pforte, Nr. 34-39, 1998
bis 2000, S. 133-135; Alfons Kohler, Die Burgen des mittelalterlichen Breisgaus, Veröffentlichung des
Alemannischen Instituts Freiburg im Breisgau, Freiburg 1940.
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