http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2024/0071
3 Die mit Schwierigkeiten verbunden gewesene Gründung der Stadt Kenzingen war, um mit Jürgen
Treffeisen zu sprechen, eigentlich „illegal" vorgenommen worden: Liegenschaftsverhältnisse zwangen
Rudolf von Üsenberg, die Stadt auf eigenem Grund und Boden zu errichten, wie in der überlieferten
Stadtrechtsurkunde ausdrücklich vermerkt ist. Ohne Zustimmung des Königs konnte das aber nicht
geschehen. Amtierender König war damals Kaiser Friedrich IL, mit dem er „im Kampf stand. In
dem Bewusstsein, dass ihm kein Königsprivileg gewährt werde, setzte sich Rudolf unbeirrt über diese
Einschränkung hinweg. Erst 1283, also eine Generation später, wurden die Stadtrechte durch König
Rudolf von Habsburg offiziell bestätigt. Im Ausblick auf die zukünftige Geschichte sei erwähnt, dass
Kenzingen von 1564 bis 1805 unter österreichischer Herrschaft stand.
4 Von jeher waren die Üsenberger nicht nur als Grundherren, sondern auch als Kirchenstifter in
Erscheinung getreten. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass lange vor der Stadtgründung Menschen
in unserem Siedlungsgebiet lebten. Zisterzienser zogen sich in das ruhige Tal von Tennenbach zurück.
Dominikaner siedelten sich im weiteren Umfeld der künftigen Stadt Kenzingen an. 1242 ist deren
Kloster mit dem schönen Namen Wonnental erstmals urkundlich erwähnt, ehe es in den Besitz von
Zisterzienserinnen überging. Zwischen 1244 und 1248 ließ Rudolf II. von Üsenberg das Nonnenstift
neu aufführen, zu einem Zeitpunkt, als noch nicht feststand, dass in unmittelbarer Nähe 1249 eine neue
Stadt mit Namen Kenzingen entstehen sollte. Schon vor der Gründung dieser Stadt lebte im Umkreis
des Klosters das gemeine Landvolk in einem Dorf gleichen Namens, der umgehend übernommen
wurde. Als Rudolf zehn Jahre nach seiner Stadtgründung starb, sollten seine sterblichen Uberreste
in „seinem" Kloster beigesetzt werden. Als Grablege und Hauskloster wurde Wonnental somit auch
zu einem Ort historischer Bedeutung. Rätselhaft freilich bleibt, warum der Stadtgründer das besagte
Kloster nicht von vornherein in seine Stadt einbezogen hat.
5 Dieser Gedanke fordert zu einer eingehenden Recherche auf. Erwähnt sei aber doch, dass später am
Ende der Brotstraße tatsächlich ein Ausgang geschaffen wurde. Ein im ausgehenden 19. Jahrhundert
aufgeführtes Torhaus mit einer Wohnung oberhalb der Durchfahrt erhielt in Anlehnung an Freiburg
den Namen „Schwabentor" - in Unkenntnis der eigentlichen Bedeutung. In Freiburg rührt der Name
von dem aus dem Schwäbischen kommenden Handelsweg sowie von einem legendären Schwaben
her, der die Stadt kaufen wollte. Treffend ist dagegen die Bezeichnung der Kenzinger Ausfallstraße als
• •
Usenbergerstraße.
6 In dem barocken Anwesen Eisenbahnstraße 12 ist die Lage des „Alten Amtshofes" als oberste
Verwaltungsbehörde noch heute gegenwärtig. Dazu Bertram Jenisch, Kenzingen, Archäologischer
Stadtkataster, Band 22, Stuttgart 2003, S. 60f. Weitere Beiträge in der „Pforte", 37. und 38. Jg.
2017/2018. Auch meinerseits wurde dazu eine längere Studie erstellt, deren Veröffentlichung aber
vereitelt wurde.
7 Jürgen Treffeisen, Die räumliche Entwicklung Kenzingens im Mittelalter und der Frühen Neuzeit, in:
Die Pforte, 18. - 20. Jahrgang, Nr. 34 - 39, 1998 bis 2000, S. 6. Besonders anschaulich die auf Seite 7
abgebildete und erläuterte Luftaufnahme Kenzingens aus dem Jahr 1990.
8 Klaus Weber, Urheber der „Pforte", sei an dieser Stelle für seine selbstlose Hilfe bei der
„Materialbeschaffung" gedankt, auch wenn ihr in diesem Beitrag nur bedingt Rechnung getragen werden
kann.
9 Städtische Sammlungen Freiburg, Augustinermuseum. Näher auf Weinbrenner einzugehen, ließ
eine Kürzung dieses Beitrags nicht zu. Der von mir aufgefundene Entwurf Weinbrenners zum
Bertholdsbrunnen wird an anderer Stelle veröffentlicht.
10 Gerhard Everke, Schönheit als Wärme urbaner Obhut. Friedrich Arnolds stadtplanerische Maßnahmen
in Kenzingen vor 1815. In: Die Pforte. 10. und 11. Jahrgang 1990/91, S. 60-78.
11 Zur Ausfuhrung gelangte das 1813 entworfene Projekt nicht. Wiederhergestellt wurde der Radbrunnen
ein paar Jahre später nach einem Entwurf von Christoph Arnold, abgebildet in: Gerhard Everke, Natur
inbegriffen. Romantische Bezugsmomente im architektonischen Werk von Friedrich Weinbrenner und
insbesondere Christoph Arnold. In: Die Pforte. Jahrgang 2012/2013, (S. 131-170), S. 163.
12 Landesarchiv Baden Württemberg, Staatsarchiv Freiburg: B 741/1 Nr. 2353. Es handelt sich um einen
Aktenfaszikel des ehemaligen Bezirksamts Kenzingen. Er betrifft das Gemeindevermögen im Hinblick
auf das „Brunnenwesen in Kenzingen" in den Jahren 1822-1824.
13 Die Darstellung von Valentin Spiess (Abb. 3) gibt keinen Aufschluss, da er den Brunnen von der
Rückseite zeigt.
14 Siehe Anm. 12, sämtliche Zitate aus der angegebenen Quelle.
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