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1329 am 15. Juli bestätigte der Abt von Lützel mit Zustimmung der Äbtissin
Katharina dem Konrad von Merdingen ein Leibgeding, das Bruder Rüdiger
Münzmeister an einem Hof am Eckhardsberg besaß. 1341 wird der Abt von
Lützel schließlich ausdrücklich als wiser, also Visitator oder Vaterabt bezeichnet.
Die Äbtissin Agnes und der Konvent von Marienau gelobten mit Willen
eben ihres Weiserabtes Rudolf von Lützel von den Gülten, die sie von ihren
Mitschwestern Katharine und Odilie von Pforre erhalten hatten, verschiedene
Jahrzeiten zu begehen. Besonders aussagekräftig für das Verhältnis zu Lützel ist
die Bestimmung, dass bei Nichteinhaltung der Jahrzeiten die Nutznießung an die
Mutterabtei fallen sollte. Besiegelt wurde die Urkunde vom Abt von Lützel und
der Marienauer Äbtissin gemeinsam.
Auch bei Konflikten treffen wir den j eweiligen Vaterabt als Streitschlichter an. Im
Streit zwischen Günterstal und dem Kirchherrn Berthold von Neuenfels um Güter
im Buchheimer Bann trat im Jahr 1342 Abt Johannes Zenlin von Tennenbach
(Abb. 4) als Schiedsrichter auf. Mit seinem Namen ist die Anlage des berühmten
Tennenbacher Güterbuches sowie eines vergleichbar aufwändig gestalteten
Urbars in Günterstal verbunden.16
3. Handlungsspielräume und pragmatische Schriftlichkeit
In der Vorrede des Günterstaler Urbars heißt es, dass das Zinsbuch während
der Amtszeit von Abt Johannes Zenlin von Tennenbach erstellt wurde, als
Mechthild von Opfingen im zehnten Jahr Äbtissin war. Die Anlage selbst nahm
die Professschwester Katharina dicta Walcherin zusammen mit der Schwester
Anna Ederlin in die Hand, die als Schreiberin (Abb. 5) bezeichnet wird. Weitere
Unterstützung kam vom Hofmeister Rudolf von Fürstenberg, da das in Angriff
genommene Werk zu hart für das weibliche Geschlecht sei. Wir haben hier also
ein Gemeinschaftswerk vor uns, das besonders deshalb interessant ist, weil es
Einblick in die Entstehung des Urbars gibt. Wiederholt wird Bezug auf ein altes
Zinsbuch genommen, das weitgehend mangelhaft geworden und nicht mehr aktuell
gewesen sei. Daher seien weitere Erzählungen und Aufschriebe herangezogen
und eine Besichtigung der Äcker vor Ort durchgeführt worden.
Betrachet man das Güterbuch unter Genderaspekten, so bleibt festzuhalten, dass
es von einer Nonne, der Schreiberin Anna, erstellt wurde. Im Rahmen der cura
monialium ist der von Tennenbach bestellte Hofmeister zu Günterstal zu erwähnen,
der sie dabei unterstützte. Die Initiative für die Erstellung des Günterstaler Urbars
(Abb. 6) lag wohl beim Tennenbacher Abt Johannes Zenlin selbst.
Diese Beispiele müssen hier genügen, um zu verdeutlichen, dass pragmatische
Schriftlichkeit im Bereich der Klosterökonomie in vielen Fällen ein gemeinsames
Unterfangen war, in dem auch Frauen als Verfasserinnen und Schreiberinnen
greifbar sind.
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