http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2024/0110
Schmuck, von denen ausgehend Ranken und Drolerien die Seitenränder
zieren. Dazu kommen insgesamt 19 historisierte Initialen: zehn davon sind
Fleuronneeinitialen, bei den anderen neun handelt es sich um Goldgrundinitialen
unterschiedlicher Größe. Sechs davon wurden (nachträglich) in die größtenteils
für die Bildinitialen vorgesehenen und leer gebliebenen Flächen eingeklebt
oder aufgemalt.19 Zu den historisierten Initialen hinzu kommt die auf fol. 14 lv
nachträglich beigefugte Miniaturzeichnung der Vogelpredigt des Heiligen
Franziskus, die vermutlich aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt.20
Dazu strukturieren zahlreiche blaue und rote Lombarden durchgehend den Text.
Auch den Initialen kommt eine gliedernde Funktion zu, indem sie die Anfange der
einzelnen Propriumsgesänge bzw. die größeren und aufwändigeren Initialen den
Beginn einer Messe markieren.21 Die Verteilung der Bildinitialen setzt darüber
hinaus Akzente auf einzelne Feste. So wird beispielsweise der Introitus zum
ersten Adventssonntag, Ad te levavi animam meam, durch eine große, fast die
halbe Seite einnehmende, historisierte Goldgrundinitiale eingeleitet. Diese stellt
den Zweig Jesse dar, in den zwei unteren Ranken Mariä Verkündigung, in den
oberen Ästen zwei nicht näher identifizierte Propheten.22
Wie in den meisten Gradualien bildet dieser Introitus auch im Wonnentaler Gradu-
ale den Anfang, gefolgt vom zweiten, dritten und vierten Advent und dem Weihnachtsfest
. Daran anschließend die Vorfasten- und Fastenzeit, der Osterfestkreis
und schließlich die Nachpfingstzeit, die wiederum bis zum ersten Adventssonntag
dauert (je nach Ostertermin 23-28 Wochen). An das Temporale anschließend
folgt das Sanctorale, beginnend mit St. Thomas am 29. Dezember und endend
mit einer Rubrik zum Apostel Thomas am 21. Dezember. Strukturiert werden das
Temporale und Sanctorale durch die zahlreichen Fleuronnee- und historisierten
Initialen zu den Hochfesten und wichtigen Heiligenfesten. Im Temporale folgen
auf die bereits beschriebene Eingangsinitiale zum ersten Adventssonntag die
nächsten historisierten Initialen zum Introitus der Nachweihnachtsmesse Puer flatus
est nobis (fol. 17r), und zum Fest des Johannes Evangelista (fol. 19v), im Zisterzienserorden
fester Bestandteil der Weihnachtsoktav. Die P-Initiale zur Weihnachtsmesse
zeigt die Nativitätsszene, die I-Initiale zu Johannes Evangelista zeigt
drei Stationen im Leben des Evangelisten: das letzte Abendmahl, die Legende
des Giftbechers und der Versuch, Johannes im kochenden Öl zu töten. Eine vierte
historisierte Initiale im Weihnachtsfestkreis findet sich zu Epiphanie oder Dreikönigstag
und zeigt die Anbetung der drei Könige (fol. 22v). Die gesamte Vorfasten
- und Fastenzeit enthält keine historisierten Initialen. Erst der Introitus zur
Ostersonntagsmesse wird mit einer historisierten Goldgrundinitiale eingeleitet,
die im Bauch des ,R' die Auferstehung Christi und darunter das Noli me tangere
zeigt (fol. 89r). Die restliche Osteroktav ist sehr schlicht gehalten. Die nächste
historisierte Initiale findet sich erst zum Introitus zur Pfingstmesse.
109
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2024/0110