Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
42., 43. und 44. Jahrgang, Jubiläumsband „775 Jahre Stadt Kenzingen“.2022-2024
Seite: 145
(PDF, 79 MB)
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Die beiden kamen mit einer Rente - weniger als einem Kindergeld aus und
verstanden aus der Not heraus mit Geschenktem so umzugehen, dass sie tauschten
und für unvorhergesehene Fälle noch etwas sparen konnten. Der schmale Kloster-
Gebäudeteil, den sie bewohnten hatte Liesel von einem Witwer geerbt, den sie
jahrelang gepflegt und versorgt hatte und für seine Rechte eingestanden war. Sie
stand auch anderen Kranken, Bettlägerigen bei und stärkte sie durch Zuwendung
und Gespräche, Anekdoten und ihre typische Sprache, die manchmal auch von
alten Wortwendungen - wie aus vergangenen Jahrhunderten - durchwachsen
war. Man hatte Respekt vor Elisabeth, man wusste, sie ließ sich weder durch
schlechtes Wetter noch irgendwelche Umstände von etwas abhalten, was sie als
wichtig ansah. Diese freiwillige Hilfe bei Kranken erfüllte sie als Pflicht - der
Name war verpflichtend?

Liesel hatte eine eigene Schönheit und Würde, ohne Eitelkeit. Kleidung und
Schuhe suchte sie stets selbst aus, praktische, gute Qualität, da sie länger hielt.
Zeitlebens blieben ihre Hände Kinderhände, die so viel geben konnten. Berta,
als Waldarbeiterin, hatte eine Kleinstrente von 180 DM für beide. Sie schleppten
das Brennholz über mehrere steile, zerfallene Treppen in das einzig warme obere
Stockwerk. Selbst schliefen sie in eiskalten Kammern. Sie waren zu stolz, um
Sozialhilfe oder vom sogenannten „Kenzinger Armenfond" etwas anzunehmen.
Außer im Winter standen die Fenster beinahe immer offen. Jemand von den beiden
war immer im Haus oder sah zum Fenster hinaus. Stets lud sie einem dann zu
einem Rundgang um das ehemalige Kloster ein! Nach mehreren Schlaganfallen
verbrachte Elisabeth Spies eine kurze Zeit im Alten- und Pflegeheim, wo man sie
nach ihrem Tod sehr vermisste.

Nach den Worten von Wilhelm Schneebeli konnte man sich bei der Begegnung
mit Elisabeth Spies durchaus das Klosterleben vergangener Zeiten und Jahre
vorstellen. Mit dem heutigen Verständnis von Emanzipation der Frau teilte
sie den Gedanken der Selbstbestimmung, das Einbringen ihrer Fähigkeiten
in die Gesellschaft, wie es zur Zeit der „Beginen"-Bewegung - also Zeit der
Klostergründung vorstellbar ist. Das waren keine Frauen, die sich verheiraten
lassen wollten oder als Magd verdingen, sondern ihr Leben gestalten und mit
geistigem Inhalt füllen wollten.

Schade, dass sich 1806 die Idee der letzten Äbtissin Krebs - eine Schule in
Wonnental einzurichten, nicht durchsetzen konnte und das Kloster aufgelöst
wurde. Im Kloster Lichtenthai, wohin einige der Schwestern gingen, wird diese
Idee bis heute beispielhaft umgesetzt.

Anmerkungen / Quellen

1 Wilhelm Schneebeli, Fräulein Elisabeth Spies -ehemals Wonnental, Nachlass 1997 im Archiv der
AgGL. Urspüngliches Manuskript von 1993, überarbeitet von Roswitha Weber, 2021.

2 Stefan King und Bertram Jenisch, Spurensuche - ein Rundgang durch das ehemalige Kloster Wonnental
- „Jucunda vallis", in: Die Pforte 2006/07, S. 137ff.

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