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nach dem Dreißigjährigen Krieg, dass bei ihr „durch diese Erlittene kriegs lauf
[...] nicht allein die Fenster, Stil, Glockgen und all anders in Verlust gerathen",
sondern auch ihre „ althär zwar noch immolatis regulatris von obherigen gemehl
undt bilderen gäntzlichen beraubt'' worden seien „Der Thachstuhl undt Ziegell"
wären „ in solichen Abgang gerathen, das man sich dermahlen keines anderen
alls negst wüerkhlichen Einfalls zu besorgen f...]"3. Einen ähnlich demolierten
Zustand wird man für die St. Georgskirche unterstellen dürfen.
Zum anderen führten da, wo sich noch mittelalterliche Bestände bis in die
Neuzeit erhielten, wie in der Stadtpfarrkirche Kenzingens, die Modernisierung
des Baues und seiner Ausstattung zum Verlust des Uberlieferten. Ein
sprechendes Beispiel dafür liefert die 1729 begonnene Umgestaltung dieses
Sakralbaus zu einer zeitgemäßen barocken Kirche, im Zuge derer 1737 auch
ein neues Hochaltarensemble angeschafft worden ist, welches das noch aus
spätmittelalterlicher Zeit vorhandene ersetzte. Der Aufsatz des alten Hochaltares
sei, so berichtet Stadtpfarrer Johannes Garnier (1726 -1753) in seinem
.yProtocollum parochiae Kenzinganae", mit Türen (Flügeln) nach Art einer
Kiste (Schrein) gebaut sowie mit Zierden und vergoldeten Figuren versehen
gewesen, auch habe er übereinander gesetzte Türmchen und Zellen (i.e. ein
Gesprenge über dem Schrein) aufgewiesen. Laut einer Inschrift hätte man ihn
im Jahr 1503 notdürftig renoviert, doch sei er nun derart verunstaltet, weshalb
er der Pracht des jetzigen Gotteshauses in keinster Weise mehr entsprechen
würde4. Dass mit der Entfernung dieses spätmittelalterlichen Retabels nicht der
gänzliche Verlust seines Figurenbestandes verbunden gewesen sein muss, belegt
die Wiederverwendung zumindest eines seiner Bildwerke, über die wiederum
Garnier in seinem Protocollum unterrichtet: „Im selben Jahr 1737 wurde die neue
Kapelle auf der Evangelienseite mit einem neuen Altar ausgestattet, in den das
Bild der Gottesmutter, das früher am Altar des Chores war, eingefügt wurde"5.
Einen Verlust an Überlieferung beinhalten aber auch all jene Fälle, in denen zwar
das Objekt physisch erhalten ist, doch hinreichende Informationen zu seiner
Geschichte nicht mehr bekannt bzw. eruierbar sind. Ein auf Kenzingen bezogenes
Beispiel dafür liefert das 1892 vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe aus
örtlichem Privatbesitz erworbene Fragment einer Figur Christi am Kreuz aus der
Zeit um 1350/1375, das angeblich auf einem Speicher in Kenzingen aufgefunden
worden sein soll6. Indem hier keine Informationen zum Kontext des Stückes
vorliegen, welche eventuell weiterfuhrende Aufschlüsse zu seiner Herkunft
ermöglichen könnten, hat es Wesentliches von seinem Wert als ein historisches
Zeugnis eingebüßt. Und wenn dann auch noch das Schnitzwerk selbst, wie in
diesem Fall, keine hinreichend konkreten Informationen zu seiner historischen
Verortung bietet oder die zum Vergleich heranziehbaren Objekte eine engere
Bestimmung nicht zulassen, ist die Aussagekraft eines solchen Stückes noch
weiter vermindert.
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