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die „aus Ettenheimmünster" stammen soll
(Abb. 16)90. Das aus Eichenholz vollrund
geschnitzte Bildwerk war zum Zeitpunkt der
Aufnahme in einem recht desolaten Zustand.
Der Sockel scheint seitlich
beide
abgesenkt
Arme fehlen.
gewesen zu sein,
Sowohl das Schleiertuch über der Stirn,
aber auch Teile des Gesichts (Stirn, Nase,
Mundpartie und Partien des Bartes) waren
abgewittert, ebenso der Teil des Umhanges
unter dem rechten Arm. Die Falten wiesen
zahlreiche Ausbrüche im Holz auf, darüber
hinaus muss das Stück stark von Anobien
befallen gewesen sein. Fehlstellen bis auf
die Grundierung belegen, dass die Fassung
nur noch teilweise erhalten war. Insgesamt
macht auch der Zustand der Prophetenfigur
den Eindruck, als sei sie über einen längeren
Zeitraum und unter ungünstigen klimatischen
Bedingungen gelagert gewesen.
Der Typus der bogenförmig gekrümmten
Standfigur mit seitlichem Saumgehänge, das
auch auf der rechten Figurenseite vorhanden
gewesen sein muss, aber auch der hohe,
sechsseitige Sockel haben ihre Entsprechung
in einer 1927 erworbenen Apostelfigur im
Badischen Landesmuseum Karlsruhe, die als
Abb. 16: „Prophet (?)", um 1420/1430,
angeblich aus Ettenheimmünster. Aufnahme
um 1920. Ehemals Kenzingen,
Sammlung Schwörer.
eine oberrheinische, vermutlich Straßburger
Arbeit der Zeit um 1420/1430 eingeordnet wird und vom Verkäufer in einer
Straßburger Schreinerwerkstatt entdeckt worden sei91. Mit einer Gesamthöhe von
75 cm und einer Höhe des Sockels von 11,2 cm könnte der Karlsruher Apostel
maßgleich zum Propheten sein, gesetzt, dessen angegebenes Höhenmaß von 64,5
cm beinhaltete nicht den Sockel. Dass beide Statuetten aus demselben Kontext
und vom selben Hersteller stammen könnten, muss hinsichtlich spezifischer
gestalterischer Gemeinsamkeiten in Betracht gezogen werden. Hierzu sind neben
den symmetrischen Bartlocken, dem gleichartigen Gewandschema mit der vom
linken Arm zum rechten Fuß verlaufenden, unten abknickenden Falte, auch
die unter dem Umhangsaum hervorschauenden, grob geschnitzten Zehen des
rechten Fußes oder die auf die Abfasung des Sockels reichenden Gewandsäumen
zu zählen. Verwandt ist zudem die angeblich aus Molsheim stammende Figur
eines Hl. Johannes Ev., die über die Sammlung Oertel in München in das
Württembergische Landesmuseum nach Stuttgart gelangte92.
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