http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2024/0196
Vergleich mit der 1420 gestifteten Madonna in der Wallfahrtskirche Marienthal
(bei Haguenau) im Elsass erweist110, die schon als eine recht breit gestaltete
Vertreterin ihrer Art zu gelten hat. Aber auch im Hinblick auf eine historisch in die
Gegend von Kenzingen verortbare, nur fragmentarisch erhaltene weibliche Figur
(ursprünglich wohl eine Madonna) aus rötlichem Ton der Zeit um 1420/1430 im
Badischen Landesmuseum Karlsruhe111, deren Bruckstücke man bei Grabungen in
den Fundamenten der ehemaligen Benediktinerabteikirche von Schuttern gefunden
hat, lassen keine verbindenden Merkmale erkennen. Viel eher deutet alles auf eine
Herstellung der Kenzinger Madonna in Schwaben, welche bereits Schmitt 1924
vermutete und nach ihm wieder Krummer-Sehroth (1970) ins Spiel brachte mit
ihrem Hinweis auf die „ganz verwandte Muttergottesfigur" in der Kapelle von
Lipbach bei Markdorf112 - wenn auch ohne weitere Schlussfolgerung. So findet
sich der relativ breite und wenig geschwungene Typus mit dem geschlossenen
und flachbogigen Kontur auf der einen Seite und das in der Linken gehaltene
Kind mit der Faltenkaskade vorgeprägt bei der Madonna aus Kalkstein in der
ehemaligen Stiftskirche Heilig Kreuz in Horb a.N. von 1400/1410113. Vergleichbar
ist aber auch das hölzerne Exemplar in der Friedhofskapelle von Bisingen114.
Insofern dürfte mit der im Bestand an erhaltenen oberrheinischen Bildwerken
dieser Zeit doch recht isoliert stehenden Madonna in Kenzingen wohl eher ein in
den Breisgau transloziertes, als ein von einem schwäbischen Bildschnitzer hier
angefertigtes Stück vorliegen.
Resume
Die hier vorgelegte Bestandsaufnahme zu den mittelalterlichen Holzbildwerken in
bzw. aus Kenzingen und den umliegenden Orten erweist sich in mehrfacher Hinsicht
als gewinnbringend. So ließ sich über den Einbezug alter Glasplattennegativ-
Aufnahmen mit Herkunftsangaben von Stücken, die zu Anfang des 20. Jahrunderts
in Kenzingen noch vorhanden waren, der Corpus an bislang bekannten Werken
aus dieser Gegend erheblich erweitern. Auch scheint es in einigen unklaren Fällen
durchaus noch die Chance zu geben, die ursprünglichen Provenienz zu ermitteln
oder zumindest wahrscheinlich zu machen. Andererseits sind manche tradierten
und als sicher geglaubten Herkunftsangaben als nicht haltbar aufzugeben. Und
obgleich keine älteren schriftlichen Quellen zu den einzelnen Werken überliefert
bzw. bekannt sind, bieten die erhaltenen bzw. dokumentierten Stücke selbst
sowie ihre Kontexte bei genauerer Betrachtung eine bemerkenswerte Fülle an
auswertbaren Informationen, aus denen sich nicht nur für die lokale, sondern
auch für die regionale Kunstgeschichte wichtige und weiterfuhrende Aufschlüsse
gewinnen lassen. Gleichwohl konnte hier vieles nur aufgezeigt und nicht
eingehender behandelt werden, so dass es dazu noch weiterführender Forschung
bedarf.
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