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Die Kenzinger Kirchenbücher
Einen ganz zentralen Bestandteil jedes Pfarrarchivs stellen die Kirchenbücher
dar. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass im Erzbistum Freiburg - ähnlich
wie in vielen anderen Bistümern - die Kirchenbücher seit einigen Jahren aus
konservatorischen Gründen, aber auch, um sie angesichts der grundlegenden
Strukturreform im Rahmen der „Kirchenentwicklung 2030" zu sichern, im
Erzbischöflichen Archiv Freiburg zentralisiert werden. Viele Pfarrer haben es
früher nicht beim Eintragen der so genannten Kasualien, also der eigentlichen
sakramentalen Handlungen belassen, sondern ,Kommentare' dazugeschrieben.
Darin stehen allerdings nicht selten Dinge, die geeignet sein könnten, die
schutzwürdigen Belange Dritter zu verletzen - jede Auswertung dieser Quellen
sollte also mit großer Umsicht geschehen, um nicht Gefahr zu laufen, anderen
Unrecht zuzufügen. Auch die Kenzinger Kirchenbücher werden mittlerweile in
Freiburg verwahrt; ein Beispiel dafür, wie sie für die Erforschung der Geschichte
der Pfarrei genutzt werden können, stammt aus der Feder von Gebhard Heil.19
Nicht selten finden sich in Pfarrarchiven Dinge, die nicht unbedingt zu erwarten
sind, da sie nicht zum üblichen , Grundbestand4 an Archivalien gehören und die
auf mitunter abenteuerlich verschlungenen Wegen dorthin gelangt sind. So auch
in Kenzingen, wo mit der „ Chronik von Königsbrück" ein umfangreiches Werk
zur Geschichte des infolge der Französischen Revolution zerstörten elsässischen
Zisterzienserinnenklosters Koenigsbruck - in der Rheinebene nordöstlich von
Haguenau gelegen - verwahrt wird.20
Diese von einem unbekannten Autor geschriebene, nicht ganz vollständig erhaltene
Chronik - es fehlen die ersten 26 Seiten sowie im Register die Buchstaben Le-
ZZ - umfasst die Jahre 1152 bis 1712 und enthält „regionale und überregionale
und Weltdaten, vor allem des Zisterzienser-Ordens ".2l Nach Kenzingen gelangt
ist sie offenbar über das Kloster Wonnental, das zeitweilig enge Beziehungen zu
Koenigsbruck hatte.22
Die Nutzung des Pfarrarchivs - Möglichkeiten und Grenzen
Die Nutzungsmöglichkeiten eines Pfarrarchivs stehen und fallen mit seinem
Erhaltungs- und Erschließungsstand. In Kenzingen war in dieser Hinsicht mit der
gründlichen Ordnung und Verzeichnung im Jahr 1976, offenbar durch den in den
1960er- und 1970erJahren hierzulande aktiven freischaffenden Pfarrarchivpfleger
Dr. Walter Fauler, Vorbildliches geleistet worden, und insbesondere der historisch
interessierte Pfarrer Gebhard Heil hatte stets großen Wert darauf gelegt, dass dies
so blieb. Durch den Umbau des Pfarrhauses Anfang des 21. Jahrhunderts, der eine
Umlagerung des Pfarrarchivs erforderlich machte, wurde die Ordnung allerdings
empfindlich gestört und muss, unter Einbeziehung der in den letzten Jahrzehnten
hinzugekommenen Unterlagen, nach und nach mit viel Arbeitsaufwand
wiederhergestellt werden.
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