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Magdalena von Kenzingen - Eine Meisterin der Askese
Helmut Reiner
In der Zeit, als die sogenannte „Winzermadonna" geschnitzt wurde und Meister
Hans Weiditz die große Gestalt des „Johannes" formte (heute Augustinermuseum
Freiburg) machte eine „Magdalena Beutlerin von Kenzingen" von sich reden.
Sie galt aus dem Konvent der Freiburger Klarissen als weithin bekanntes
Beispiel der Klostermystik. Diese Nonne, die schon seit Kindesalter von den
Klarissenschwestern erzogen wurde, war die Tochter einer gewissen Margarethe
oder Margareta Beutler, Witwe eines wohlhabenden Kenzinger Ratsherren. 1419
trat sie in das reformierte Dominikanerinnenkloster Unterlinden in Colmar ein.
Schon diese Mutter Margarethe hatte Erscheinungen.
Es mag der strengen Klausur der mütterlichen Erziehung zuzuschreiben sein,
dass sich die Voraussetzungen einer mystischen Innen- und Gottesschau entfalten
konnten. Die Schriften der großen Seelenerwecker Heinrich Seuse, Johannes
Tauler und Meister Eckhart waren bekannt. Hans Schadeck, der ehemalige
Direktor des Stadtarchivs Freiburg, hat sich mit dieser spirituellen Strömung des
ausgehenden Mittelalters beschäftigt. Magdalena lebte in der franziskanischen
Tradition der „imitatio Christi". In der Askese übertraf sie ihre Mitschwestern. Sie
schlief auf dem Steinboden, fastete oft und geißelte sich. Sie schwitzte Blut, trug
die Wundmale Christi und sagte den eigenen Tod (1431) voraus. Eine große Schar
Gläubiger soll sich um sie versammelt haben, als sie in den Sarg gelegt wurde.
Im Band 1 der „Geschichte der Stadt Kenzingen" von 1998 kann man darüber noch
mehr erfahren. Gute Vorarbeit haben die Veröffentlichungen in den Ausgaben der
Jahrgänge der Pforte davor geleistet.
Reiner, Helmut, Eine Meisterin der Askese, Ausschnitt aus der Badischen Zeitung vom
25.08.1997.
Anmerkung der Redaktion:
Neue Forschungen (siehe Sebastian Bock, Mittelalterliche Holzbildwerke in bzw. aus Kenzingen
und seiner Umgebung: Eine Spurensuche in dieser Pforteausgabe) zeigen neue Erkenntnisse zur
Herkunft bzw. Künstler der „Winzermadonna" und „Johannes" auf.
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