Freiburger historische Bestände - digital

Im Flugzeug nach Deutschland

Freitagmittag kommt der Anruf der Betreuerin: die Familienangehörigen eines
Jesiden haben den Nachzug geschafft, sie kommen heute an. Wir können es nicht
glauben, das muss eine Fehlinformation sein, die haben doch keinen fliegenden
Teppich! Haben sie doch, in der modernen Form von 6 Flugtickets Non-Stop
von Erbil nach München. Abends steht die Mutter mit ihren fünf Kindern am
Flughafen. Die Botschaft in Ankara hatte die Visa zehn Tage vorher ausgestellt.
Der Familienvater fahrt mit einem Freund in einem Kleinbus nach München,
um sie abzuholen. Ab Samstagmorgen leben alle in den beiden Zimmern,
die der Vater bisher mit seinen beiden Neffen bewohnt hat. Als wir ein paar
Schaumstoffmatratzen bringen und uns ein Bild von der Lage machen, taucht aus
allen Ecken unter den Decken noch ein weiteres Gesicht auf, aber die Familie
ist sehr glücklich, wieder vereint zu sein, und die äußeren Umstände sind im
Augenblick das geringste Problem.

Mir fallt auf einem Unterarm eine Tätowierung auf: 3.8. Dieses Datum - im
Jahr 2014 - kennt jeder Jeside (Abb. 4). Die ganze Familie konnte gerade noch
rechtzeitig mit den Pick-Up-Wagen ins Gebirge fliehen, bevor die IS-Terroristen
den Völkermord in Sindschar begannen.

Abb. 4: Sindschar 8.3.2014.

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