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hinaufführen, wie auch der gepflasterte Weg
davor die Zeichen der Zeit. So besonders
wie das Gebäude ist die Zeichnung allemal.
Denn sie ist die einzige vollständig kolorierte
des Künstlers. Entstanden ist sie während
des Sommers 2020. Allerdings ziert die
Jahreszahl 1727 das Gemälde am Rand viel
markanter
Das große Gebäude sprüht nur förmlich
von seinem ehemaligen Glanz und auch
wenn einem als Betrachter des Bildes
nur der Blick von außen auf die Fassade
gewährt wird, lässt sich doch erahnen,
wie prunkvoll auch das Innere geziert sein
musste. Doch welche Geheimnisse verbirgt
das verschlossene, geheime Innere? Welche
Geschichten hausen darin? Man wird es als
Außenstehender wohl nie erfahren können.
Doch wie kann es sein, dass man ein solches Gebäude einfach dem Verfall
überlässt, sich nicht darum kümmert und nicht einmal die Stadt, für die dieses
Kloster bedeutsam war, etwas dagegen unternimmt? Die bröckelnde Fassade,
die wuchernden Pflanzen und nicht zuletzt die „entzückende Palisade" sind die
Realität. Dabei ist es unvorstellbar, dass in diesem Kloster einmal Menschen gelebt
haben. Nonnen haben dort, in diesem Kloster, einmal ihre Arbeit praktiziert, bevor
die Zeit kam und sich das Gebäude langsam nahm. Die Palisade, die den Eingang
in das Kloster versperrt, ist ein Symbol dafür, dass die alten und prunkvollen Jahre
längst vergangen sind, ein anderes Kapitel begonnen hat und das Alte nicht mehr
aufgeschlagen wird und werden kann. 1727, die so hervorstechende Jahreszahl.
Was hat sie zu bedeuten, was passierte in jenem Jahr, welches Ereignis verändert
das Kloster Wonnental so dermaßen?
Im Titel des Bildes „Jucunda Vallis" findet auch das Wonnental seinen Einzug.
Während sich „vallis" sowohl vom lateinischen Begriff „vallus", der so viel
wie Tal bedeutet, ableitet, kann „vallis" ebenso gut mit dem Wort Palisade ins
Deutsche übersetzt werden. Diese Doppeldeutigkeit steckt vielleicht ironischer
Weise auch in der Zeichnung: Das Kloster Wonnental - gebaut im „entzückenden
Tal", versperrt durch eine „entzückende Palisade" vor dem Eingang.
Warum Bernhard Mensch gerade dieses Gebäude für eine Zeichnung gewählt hat,
wird dem Betrachter schnell ersichtlich. Das Alte, Vergangene am selben Platz wie
das Neue und noch Kommende lassen einem den freien Raum zur Interpretation,
zur Spekulation und zum Nachdenken über den Bildrand hinaus. Und wer weiß,
vielleicht darf das Kloster in naher oder ferner Zukunft in neuem Glanz erstrahlen.
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