http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pietzsch1877/0013
Aus dem bedeutsamen Einfluss auf das Herz des Menschen,
den man der Musik zuschrieb, erklärt sich auch die strenge
Ueberwachung der musikalischen "Weisen von Seiten des Staates.
Der Staat, so- glaubten die Griechen, werde mit Veränderung
der Musik verändert, mit ihrer Verschlechterung verschlechtert.
Und es erscheint nur als eine nothwendige Consequenz dieser
Ansicht, wenn man dem berühmten Zitherspieler Terpender sein
Instrument nimmt und es öffentlich aufhängt, ihn selbst aber
zu einer Geldbusse verurtheilt, weil er eine Saite zuviel aufgezogen
habe. Man hielt es für eine Entwürdigung der Musen,
zu sagen, ihr Zweck bestehe im Saiten- und Flötenspiel und
nicht vielmehr in der sittlichen Bildung und Bändigung der
Leidenschaften, durch Melodie und Harmonie. Die Musik,
sagt ein alter Schriftsteller, ist die Schöpferin aller Ordnung
und den Menschen von den Göttern nicht des Vergnügens
wegen gegeben, sondern, weil die zerstreuten Elemente des
Menschenlebens ohne die Musen und die Göttinnen der Anmuth
oft in wilde Ausschweifung und Unmässigkeit ausarten würden.
Daher auch der wunderbar klingende Ausspruch jenes Komödiendichters
: Man solle- einen Diebstahl nicht so hoch aufnehmen
, wenn der Dieb nicht die Zither zu spielen verstehe.
Es Hesse sich noch viel über griechische Musik sagen, über musikalische
Chöre musikalische Feste, über Verbindung des Gymnastischen
und Musischen in der Orchestik u. s. w., ich wage aber
nicht, Sie länger durch Anführung von Bekanntem zu ermüden.
Fragen wir uns vielmehr, was das Eigenthümliche dieser Bildung
sei, wie sie uns hier nach zwei ihrer Hauptseiten hin entgegengetreten
ist? Die Hellenen suchten vor allen Dingen Leib und
Seele geschickt zu machen, diesen, dass er den Geist auf seinem
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