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einem grossen Ganzen vereinigt haben, diese Frage würde ich
am wenigsten genügend beantworten können. Aber eines sei
mir zn erwähnen erlaubt: ich glaube, dass diejenigen keine
geringe Schuld trifft, die im besten Sinne des "Wortes die
Lehrer der Nation genannt werden können, die namhaften
deutschen Schriftsteller und Gelehrten des vorigen Jahrhunderts
. Eichte fand einst das "Wort, als er ihnen in seinen
Eeden an die deutsche Nation zurief: Dir geht im Gebiete
des blosen Denkens fort, ohne Euch um die wirkliche Welt
zu bekümmern und nachzusehen, wie jenes an diese geknüpft
werden könne. Ihr beschreibt Euch Euere eigene Welt und
lasst die wirkliche verschmäht und verachtet auf der Seite
liegen. Klagt nur die anderen Stände an, ihr seid ihre Lehrer
gewesen und, möchte ich beifügen, ihr bleibt auch noch für
uns, die späteren, verantwortlich. — Fragen wir uns nach dein
politischen Glaubensbekenntniss der Koryphäen unserer Literatur
, wir erhalten entweder gar keine Antwort, wie z. B. wenn
wir den Briefwechsel, den Gottsched, seiner Zeit der Hauptträger
der deutschen Cultur, 34 Jalire hindurch mit der halben
Welt geführt hat, durchstudiren und in diesen 22 Folianten
von Briefen kaum ein oder zwei Aeusserungen politischer Art
vorfinden, obwold doch Gottsched sogar einmal die Universität
Leipzig auf dem Landtag vertrat — oder aber es tritt uns
ein Kosmopolitismus entgegen, der die Bürgerpflichten lösen,
die Heimlichkeit der Heimath zerstören und ein ungeheures
System der Gleichmachung als demokratischen Grundsatz predigen
will.
Wieland sah es den Musen vorbehalten, das grosse
Werk zu Stande zu bringen, alle Völker des Erdbodens in Eine
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