http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1874/0431
Curiosa d. Zeitschrift für exaete Phil, von Dr. Fr. Iloffuiann. 425
lieh nur mechanische Naturbeschreibung ist, sich wieder
mit regem Eifer, mit echtem Wissensdrang der urdeutschen
Philosophie zuwenden wird. Nachdem wir seit 30 Jahren
wieder angefangen haben, unsere altdeutschen Baumeister
zu verstehen, unsere verfallenen Dome zu restauriren und
neue Dome im reinsten Style zu bauen, nachdem wir aul
dem politischen Gebiete einen frischen Anlauf zu nationaler
Einigung genommen und uns gegen alles fremdartige Wesen
gewehrt haben, müssen wir auch auf dem Grebiete der
Wissensehaft uns auf unsere urewigen Schätze besinnen
und unsere deutschen Philosophen nicht wieder verkennen;
die Fremdherrschaft wird auch auf diesem Grebiete endlich
gebrochen werden."
In der That ist Baader unter allen deutschen Pilo-
sophen lern Genius des deutschen Geistes am treusten geblieben
. Weder die orientalische, noch die griechische,
noch die römische, noch die Philosophie der ausserdeutschen
neueuropäischea Nationen hat in Baaders Lehren eine einseitig
hervortretende, noch weniger eine vorwiegende Rolle
gespielt. Ohne deren Beachtung, so viel ihm in seiner Lage
möglich war, zu vernachlässigen und, das Wahre oder irgend
wie Fördernde anerkennend, wo er es fand, suchte er die»
Anfänge der deutschen Philosophie zu erforschen, ihre weiter«»,
Entwicklung zu verfolgen und die durch die eingetretene
Unterbrechung der Continuität der deutschen Geistesent-
wickelung vergessenen Schätze an das Licht zu ziehen.
Diess vollbrachte er, in seiner Weise, freilich nur in blitzartigen
Beleuchtungen, aber diese gaben doch einen kräftigen
Impuls zu dem Hervortreten einer Reihe von Monographien
über die meist Mystiker oder Theosophen genannten deutschen
Philosophen von Meister Eckhart an bis Oelinger,
Arbeiten, die zwar noch immer der Vervollständigung bedürfen
, aber in nicht langer Zeit bis dahin gediehen sein
dürften, allererst eine wirkliche, alle Stadien der Entwicke-
lung umfassende Geschichte der deutschen Philosophie zu
ermöglichen. Wie die Romantiker auf die Entdeckung der
Schätze der altdeutschen Dichtung und Cultmelemeute
wirkten, so wirkte Baader auf die Wiederauffindung der
Anfänge der deutschen Philosophie und Kenntniss von
deren Entfaltung. *) Wenn unsere Reflexionsphilosophen
*) Dr. Adolph Lassan hebt in seiner geistreichen Monographie
über Meister Eckhart (S. 117) hervor, dass Baader zum ersten Mal
wieder auf diese von Corres eme wunderbare genannte Gestalt des
Mittelalters aufmerksam gemacht habe. Eckhart (geb. zwischen 1250 —
1260, gest. zwischen 1324 - 1329) wirkte durch das folgende Jahrhundert
fort und hatte noch Einfluss auf Nikolaus von Cusay (1401—
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1874/0431