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146 Psychische Studien. VIII. Jahrg. 4. Heft. (April 1881.)

Geisteskräfte riefen damals nach 'Lieht, mehr Licht';
aber heut und von nun an trachte ich nach 'Leben, mehr
Leben'!"*)

Eine längere Pause und Stille folgte diesem Ausspruche.
So lang war die mir gewährte Zeit, dass ich im Stande
war, soweit einen iertig geschriebenen Bericht von jedem
"Wort und Ereigniss zu machen. Da ich glaubte, dass seine
Botschaft vielleicht zu Ende wäre, beschäftigte ich mich mit der
Bedeutung und dem Werthe des mir Mitgelheilten; denn
obgleich ich keine hellsehende Wahrnehmung von seiner
persönlichen Erscheinung hatte, so war doch mein ganzes
Bewusstsein von der tiefen Ueberzeugnng durchdrungen,
dass diese Stimme wirklich von dem wiedergekehrten Philosophen
ausging. Sogleich wendeten sich meine Gedanken
zu den jüngst gehaltenen Sessionen der zu Ooncord im
Staate Massachusetts versammelt gewesenen Philosophen
zurück. Während ich darüber nachdachte, erhob sich die
neugierige Frage unter meinen Gedanken, ob Kant wohl
um die Thatsache einer solchen Versammlung oder Schule
von Philosophen wisse, und ob er mir nicht auch einige
Worte über seine Werke und besonders in Bezug seiner
eigens darin gelehrten Philosophie mittheilen würde. Diese
Fragen hatten nicht sobald eine bestimmte Gestalt angenommen
, als ich seine Stimme wiederum klar in meinem
Ohre vernahm. Und er sprach Wort für Wort genau
Folgendes; —

„Der kategorische Imperativ des Verstandes versprach
mir die Stütze einer mathematischen Wissenschaft reiner
Moral zu werden. Die praktische Vernunft definirte ich
als eine absichtliche Verstandeswab;nehmung; wobei ich
ganz bestimmt die Sphäre und Grenze des Subjectiven und
Objectiven feststellte und die erkennbaren Eelationen zwischen
dem Unendlichen und dem Endlichen erschloss. Dieses war
mein Grundirrthum. Denn dadurch wurden die Fähigkeiten
der reinen Vernunft herabgewürdigt, bloss logische Arbeit
in der niederen Sphäre der Relativitäten oder wechselseitigen
Beziehungen zu verrichten. Rückschritt war das (unbeabsichtigte
) Resultat des intellectuellen Strebens, den
Zweck und Inhalt der unsterblichen Kräfte zu begreifen.
Aristoteles, Leibniz, Swedenborg, Berkeley, Descartes, Fichte,
Spinoza, Schelling, Hume, Voltaire verfolgen jetzt dieselben
denkbaren Postulate, während sie mit ehrerbietiger Freude
an derselben nothwendigen Illusion in der Sphäre des Un-

*) Diese zwei im Druck hervorgehobenen Sätze sind im englischen
Texte deutsch gegeben, wie der Geist KanVs sie gesprochen. — Der
Uebersetzer Gr. C. Wütig*