Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
8. Jahrgang.1881
Seite: 172
(PDF, 157 MB)
Bibliographische Information
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172 Psychische Studien. VHI, Jahrg. 4. Heft. (April 1881.)

fangspunkt eines neuen Strebens. Das Streben sehen wir
überall vielfach gehemmt, tiberall kämpfend; so lange also
immer als Leiden: kein letztes Ziel des Strebens, also kein
Maass und Ziel des Leidens. Was wir aber nur mit geschärfter
Aufmerksamkeit in der erkenntnisslosen Natur
entdecken, tritt uns deutlich entgegen in die erkennenden,
im Leben der Thierheit. In der Pflanze ist noch keine
Sensibilität, also kein Schmerz; ein gewiss sehr geringer
Grad von Leiden wohnt den untersten Thieren, den Infusorien
und Radiarien ein: sogar in den Insekten ist die
Fähigkeit zu empfinden und zu leiden noch beschränkt;
erst mit dem vollkommeneren Nervensystem der Wirbelthiere
tritt sie in hohem Grade ein und in immer höherem, je
mehr die Intelligenz sich entwickelt. In gleichem Ilaasse
also, wie die Erkenntniss zur Deutlichkeit gelangt, das
Bewusstsein sich steigert, wächst auch die Qual, welche
folglich ihren höchsten Grad im Menschen erreicht und
dort wieder um so mehr, je deutlicher erkennend, je intelligenter
der Mensch ist; der, in welchem der Genius
lebt, leidet am meisten. Allem Leben ist also das Leiden
wesentlich.

„Wollen und Streben ist des Menschen ganzes Wesen,
einem unlöschbaren Durste zu vergleichen. Die Ba?is aber
alles Wollens ist Bedürftigkeit, Mangel, also Schmerz.
Fehlt es ihm dagegen an Objekten des Wollens, so befällt
ihn furchtbare Leere und Langeweile. Sein Leben schwingt
also, gleich einem Pendel, hin und her zwischen dem
Schmerze und der Langeweile. Der Mensch als die vollkommenste
Objektivation jenes Willens ist demgemäss auch
das Bedürftigste aller Wesen, ein Concrement von tausend
Bedürfnissen. Zwischen Wollen und Erreichen fiiesst nun
durchaus jedes Menschenleben fort. Der Wunsch ist, seiner
Natur nach, Schmerz; die Erreichung gebiert schnell Sättigung
: das Ziel war nur scheinbar: der Besitz nimmt den
Reiz weg: unter einer neuen Gestalt stellt sich der Wunsch,
das Bedürfniss wieder ein: wo nicht, so folgt Oede, Leere,
Langeweile. Die unaufhörlichen Bemühungen, das Leiden
zu verbannen, leisten nichts weiter, als dass es seine Gestalt
verändert. Alle Befriedigung oder alles Glück ist
eigentlich und wesentlich immer negativ und durchaus nicht
positiv, weil sie (es) immer nur Befriedigung eines Wunsches
ist. Denn Wunsch, d. h. Mangel, ist die vorhergehende
Bedingung jedes Genusses. Mit der Befriedigung hört
aber der Wunsch und folglich der Genuss auf. Daher
kann die Befriedigung oder Beglückung nie mehr sein, als
die Befreiung von einem Schmerz, von einer Noth.


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