Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
8. Jahrgang.1881
Seite: 225
(PDF, 157 MB)
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Prof. Hoffmann: Schopenhauer^ Stellung z. ünsterblichkeitsfrage. 225

Das Phänomen, wodurch dieses sich kund gibt, ist der
Uebergang von der Tugend zur Askesis. Es genügt ihm
nicht mehr. Andere sich selbst gleich zu lieben und für
sie soviel zu thun wie für sich, sondern es entsteht in ihm
ein Abscheu vor dem Wesen, dessen Ausdruck seine eigene
Erscheinung ist, dem Willen zum Leben, dem Kern und
Wesen jener als jammervoll erkannten Welt. Er verleugnet
daher eben dieses in ihm erscheinende und schon durch
seinen Leib ausgedrückte Wesen, und sein Thun straft zuletzt
seine Erscheinung Lügen, tritt in offenen Widerspruch
mit derselben. Wesentlich nichts Anderes als Erscheinung
des Willens, hört er auf, irgend etwas zu wollen, hütet sich,
seinen Willen an irgend etwas zu hängen, sucht die grösste
Gleichgültigkeit gegen alle Dinge in sich zu befestigen.
Hein Leib, gesund und stark, spricht durch Genitalien den
Geschlechtstrieb aus, aber er verneint den Willen und
straft den Leib Lügen: er will keine Geschlechtsbetriedigung,
unter keiner Bedingung. Freiwillige, vollkommene Freiheit
ist der erste Schritt in der Askese oder der Verneinung
des Willens zum Leben. Sie verneint dadurch die über das individuelle
Leben hinausgehende Bejahung des Willens und
gibt damit die Anzeige, dass mit dem Leben dieses Leibes auch
der Wille, dessen Erscheinung er ist, sich aufhebt.

„Die Natur, immer wahr und naiv, sagt uns, dass, wenn
diese Maxime allgemein würde, das Menschengeschlecht
ausstürbe, und mit der höchsten Willenserscheinung würde
auch der schwächere Wideischein desselben, die Thierheit,
wegfallen. Mit der gänzlichen Aufhebung der Erkenntniss
schwände uann auch von selbst die übrige Welt in Nichts;
da ohne Subjekt kein Objekt. Die Askesis zeigt sich lerner
dann in freiwilliger und absichtlicher Armuth, indem das
Eigenthum nicht mehr hinweggegeben wird, um fremde
Leiden zu mildern, sondern die Weggabe hier schon Zweck
an sich ist, dienen soll als stete Mortification des Willens,
damit nicht die Befriedigung der Wünsche, die Süsse des
Lebens, den Willen wieder aufrege, gegen welchen die
Selbsterkenntniss Abscheu gefasst hat.

„Der zu diesem Punkt Gelangte spürt als belebter Leib,
als concrete Willenserschemung, noch immer die Anlage
zum Wollen jeder Art; aber er unterdrückt sie absichtlich,
indem er sich zwingt, nichts zu thun von Allem, was er
wohl möchte, selbst wenn es keinen andern Zweck hat, als
eben den, zur Mortification des Willens zu dienen. Da er
den in seiner Person erscheinenden Willen selbst verneint,
wird er nicht widerstreben, wenn ein Anderer dasselbe thut,
d. h. ihm Unrecht zufügt. Darum ist ihm jedes von aussen,

Psychische Studien. Mai I88i. 15


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