Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
8. Jahrgang.1881
Seite: 291
(PDF, 157 MB)
Bibliographische Information
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J. Charles E. West: Mollie Fancher.

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aber keine feste Nahrung zu sich nehmen; selbst der Geruch
derselben war ihr widerwärtig. Während dieser zwölfjährigen
Krankheit gab es Zeiten, wo sie gar keinen Gebrauch
ihrer Sinne hatte. Durch viele Tage lang ist sie
allem Anschein nach todt gewesen. Der leiseste Pulsschlag
konnte nicht an ihr entdeckt werden — sie verrieth auch
kein Zeichen von Athmung. Ihre Glieder waren kalt wie
Eis, und wäre nicht etwas Wärme um ihr Herz gewesen,
so würde sie begraben worden sein. Während dieser ganzen
Jahre hat sie thatsächlich ohne feste Nahrung gelebt.
Wasser, Fruchtsäfte und andere Flüssigkeiten wurden ihr
zwar eingeflösst, aber kaum eine derselben hat ihren Weg
zum Magen genommen. Dieses Organ war so sensitiv geworden
, dass es nicht Jas Geringste in sich behalten wollte.
Im ersten Theile ihrer Krankheit fiel er zusammen, so dass
er, wenn man die Hand in die Biegung ihrer Rückensäule
legte, zu fühlen war. Es war in ihm kein Raum für Nahrung
vorhanden. Ihr Schlund war starr wie ein Stecken. Schlingen
konnte sie gar nicht. Ihr Herz war stark vergrössert. Heftige
Schmerzen gingen von ihm aus durch ihre linke Seite und
deren Schulter. Mit wenigen Ausnahmen ist sie blind gewesen
. Als ich sie zum ersten Male sah, hatte sie nur einen
Sinn — den des Taslens. Mit diesem konnte sie manchmal
schneller lesen als einer mit sehenden Augen. Sie that
diess, indem sie ihre Finger über die gedruckte Seite mit
gleicher Leichtigkeit bei Licht wie bei Finsterniss hingleiten
Hess. Mit den Fingern konnte sie sogar die Photographien
der Personen, die Gesichter ihrer Besucher etc. unterscheiden
. Sie schläft niemals, den übrigen Theil ihres
Lebens verbringt sie in Verzückungen (Trance-Zuständen).
Die zarteste Arbeit wird von ihr bei Nacht verrichtet.
Sie übt keine der gewöhnlichen Functionen des Lebens
aus, sie athmet nur. Die Cirkulation ist träge, und.in
Folge davon hat sie nur sehr geringe animalische Wärme.
Sie sehnt sich zu sterben, aber sie sagt, sie könne es nicht,
weil es nichts zu sterben giebt. Dieses ist die kurze Darstellung
ihres körperlichen Zustandes.

Zweitens. Für mich ist ihr geistiger Zustand noch
weit aussergewöhnlicher. Ihre Gabe des Hellsehens oder
ihr zweites Gesicht ist wunderbar entwickelt. Alle Orte,
an denen sie Interesse nimmt, liegen ihren geistigen Blicken
offen. Entfernung ist für sie kein Hinderniss. Keine noch so
abgeschlossene Verborgenheit entgeht ihrem durchdringenden
Blicke. Sie dictirt den Inhalt versiegelter Briefe, welche
niemals in ihre Hände gelegt worden sind, ohne den geringsten
Irrthum. Sie besucht die Familien-Cirkel ihrer

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