Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
8. Jahrgang.1881
Seite: 372
(PDF, 157 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1881/0380
372 Psychische Studien. VIII. Jahrg. 8. Heft. (August 1881.)

Lassen Sie mich diese wahrhafte Thatsache nennen:
„Ein in Erinnerung gebrachtes Versprechen."

Ich, achtungsvoll Unterzeichnete, bin die älteste Tochter
des seiner Zeit zu .Freiberg, im sächsischen Erzgebirge
lebenden Stadtmusikus Benjamin Bernhard. In unserm glücklichen
Familienkreise verlebte dessen Vater, von uns Allen
aufs Innigste geliebt, heitere und sorglose Tage. Der
gute Grosspapa, der uns Kinder besonders sehr zärtlich
liebte, hatte ausserordentlichen Wohlgefaüen am Gesänge,
vorzüglich geistlicher Lieder. Ueberaus grosse Ereude machte
es ihm daher, wenn die Schüler des dortigen Gymnasiums,
als sogenannte Currenden, wie es damals bei ims in Ereiberg
gebräuchlich war, vor unserm Hause allwöchentlich, und
zwar an jedem Donnerstag, ein paar geistliche Lieder
sangen. Als er einstmals mit meiner Mutter diesen Gesängen
hingebend gelauscht hatte und davon aufs Innigste
ergriffen war, wendete er sich mit wehmüthiger Bitte an
dieselbe und sagte: „versprich mir, lieb' Bor eil (so nannte
er immer meine Mutter), dass Du, wenn ich gestorben bin,
vor meinem Begräbniss die Currenden vor unserm Hause
und an meinem Grabe singen lassen willst!?" —- Das
wurde ihm von meiner Mutter; der wohl bei dieser Bitte
der schmerzliche Gedanke der Trennung von dem lieben
Grosspapa innigst angeregt sein mochte, mit thräneufeuchtem
Auge und warmem Händedruck stillschweigend zugesagt. —

Die Schüler des Gymnasiums trugen zu jener Zeit in
Ereiberg beim Currendesingen schwarze Mäntel und dreieckige
Hüte. Zwei meiner Brüder gehörten damals als
Schüler diesem Institut an. Ihre Currendebekleidung mussten
sie nach jedesmaligem Gebrauche in dem geräumigen Schlafzimmer
, wo die Kinderfrau mit uns schlief, an eigens
dazu bestimmte Haken aufhängen. —

Eines Tages wurde unser lieber Grosspapa, dessen
Wohnzimmer nur durch ein anderes von unsrer Schlafstube
getrennt war, ursächlich eines Bruchleidens, das früher
schon oftmals, aber immer nur leicht aufgetreten war,
diesmal gefährlich krank. Trotz schnell herbeigeholter ärztlicher
Hülfe und sorgsamster Pflege verschlimmerte sich
das Uebel.

Auf "Wunsch des lieben Kranken wurden wir Kinder
am andern Vormittag von unsrer Mutter in dessen Zimmer
geführt. Er reichte einem Jeden die Hand und sah uns
dabei so wehmüthig und tief an, als wollte er sich in unsre
Gesichtszüge recht fest einprägen. Nach einer kleinen
Weile, als er seiner Wehmuth wohl pcht mehr Herr zu
werden vermochte, winkte er uns, fortzugehen. Diese schmerzliche
Scene wird mir stets unvergesslich bleiben.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1881/0380