Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
8. Jahrgang.1881
Seite: 407
(PDF, 157 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1881/0415
Anders: Der schlesisehe Dichter Johann Christian Günther. 407

Günther-Werk, nachdem er Günther'* ganzen Charakter in
einem besseren Lichte, als bisher geschehen, darzustellen
versucht hat, am Schlüsse Folgendes: —

„Hervorheben möchten wir noch des Verfassers völlig
„neue Ansicht über das Missgeschick Günthers am Hofe
„August des Starken, welches Goethe, wie oben bemerkt, auf
„ein unfertiges Betragen des Dichters zurückführt.
„Bewiesen ist, dass Günther, als er vor dem König eine
„Probe seines im Freundeskreise so oft bewährten und bewunderten
Improvisations-Talentes ablegen sollte, kein Wort
„über die Lippen zu bringen vermochte und wie ohnmächtig
„zusammenbrach, weswegen er die Stelle als Hofpoet nicht
„erhielt. Neider und Feinde legten seine Ohnmacht vor
„dem Könige als Trunkenheit aus, wie sie denn überhaupt
eifrigst beflissen waren, dem jungen Dichter den
„Fehler der Trunksucht nachzusagen, und zwar mit solchem
„Erfolg, dass dies harte Urtheil noch 1% Jahrhunderte
„nach dem Tode des Dichters von kritiklosen Forschern
„aufrecht erhalten werden konnte. Günther selbst drückte
„sich über den erwähnten Vorgang folgendermaassen aus: —
„Jetzt kam der Göttersohn, das Kleinod treuer Lande,
An dem mein Blick sogleich was Ueberirdsches fände,
Dass Mund und Zunge schwieg, wie sehr ich sie auch zwang,
Und den Poetengruss mit heis'rer Stimme sang.
Der starke Götterstrahl durchdrang mir Muth und Sinnen,
Vertrocknete den Quell, daraus die Verse rinnen,
Zerschmelzte meine Kraft, dass ich ganz taumelnd stand,
Weil vor der Majestät mein blödes Licht verschwand.
Es war kein Eiferstrahl, der mir ins Herze blitzte,
Nur ein Genadenblick, der sich auf Grossmuth stützte
Und mir gewogen schien; doch blieb ich ohne Kraft,
Es ward der Geist sogar in Ohnmacht hingerafft.
Ich kam ganz ausser mir durch Blödigkeit und Schrecken;
Auch liess Calliope mich in den Nöthen stecken,
Wie sehr ich heimlich bat und sie um Hülfe rief,
So taub verblieb ihr Ohr, als ob sie feste schlief.
So ward mein Hoffnungsschiff durch diesen Fall zerscheitert,
Verleumdern Thür und Thor zur Lästerung erweitert:
Es ging der Schmähungsgeist auch allerorten 'rum
Und schäumte: Günther blieb aus Trunkenheit so stumm!"

„Der Dichter protestirt hier also feierlichst gegen den
„ihm gemachten Vorwurf, und die Art und Weise, wie er
„seinen Zustand schildert, lässt Herrn Dr. Wittig'$ Hypothese
, dass der König, an dem Günther etwas Göttergleiches,
„Ueberirdisches fand, ihn, den sensitiven schwächlichen jungen
„Mann, mit einem Götterstrahl, der ihm Muth und Sinnen
„durchdrang und seine Kraft zerschmolz, — hypnotisirt
„habe, als gar nicht so unberechtigt erscheinen.

„Noch yor wenigen Jahren würde man über eine solche
„Erklärung gelacht haben; heute, nachdem nicht nur Leute


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1881/0415