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Anders: Der schlesische Dichter Johann Christian Günther. 411
55. Dir einen Lorbeer auferzog und Dir
In lebenslanger Liebe Kränze weihte." . . .
87. „Umsonst, o Göttin! flehst Du Thau herab
Auf Deines Dichters Grab. Ach, keine Blume
Spriesst auf den Hügeln, die das Lob der Menschen
90. Nicht ehrt und nie bethau'n der Liebe Zähren!a ....
190. „Den Ileimathgöttern zürnend, irrt' er stumm
Am ödesten Jrno-Strand1), Gefild und Himmel
Mit Sehnsuchtsblick betrachtend; und da nichts
Lebend'ges seinen Kummer sänftigte,
Ruhte der Düstre hier, im Angesicht
195. Des Todes Blässe zeigend und die Hoffnung.
Nun wohnt er ewig dort bei jenen Grossen,
Und sein Gebein durchschauert Ileimathliebe."
„Des Todes Blässe zeigend und die HoffnungJ" — Wir
„sind des unerschütterlichen Glaubens, dass Günthers unsterblicher
Geist, mit dem wir Jahrzehnte langen, vertraulichen
, litterarischen Umgang, wahrlich nicht auf dem
„der Welt noch so verhassten Wege des indirecten spiritistischen
Mediumismus: — wir glauben vielmehr noch an
„directe geistige Einflüsse! — gepflogen, (LIV) nicht
„bloss im bildlichen, dichterischen, sondern im ganz realen
„Sinne, keine Ruhe der Erinnerung — nicht in seinem
„längst verfallenen Grabe, denn welcher Geist verweilte
„und vermoderte wohl in einem solchen?! — vielmehr in
„seiner neuen Geisterheimath mit ihren weiteren, ewigen
„und unendlichen Zielen für ihn — gewinnen konnte, so
„lange die Hoffnung auf poetische Gerechtigkeit wie im
„Himmel so auf Erden auch für ihn, den über anderthalb
„Jahrhunderte hienieden Verkannten und Verleumdeten, auf
„seine endliche Rehabilitation in der noch lebenden und
„fortgeschrittenen, dichterischen wie literarischen Geister-
„welt dieser Erde seine Gedanken zum Theil noch rückwärts
gewendet hielt auf die Stätten seiner geistigen Kind-
„heits- und Jugend-Entwickelung. Richten wir Erdlebenden
„denn nicht selbst alle gt*n unsere Blicke, wie durch manischen
Zauber gebannt, auf die seeligen Tage unserer
„Kindheit zurück? Möchten wir Alle sie nicht möglichst
„frei von absichtlicher und bösartiger Schuld und Fehle,
„besonders aber von unberechtigten Eingriffen in dieselbe,
„von ungerechten Auffassungen und Beschuldigungen derselben
, welche ihre düsteren Schatten zuerst in das kindliche
Gemüth und dann in das ganze spätere Leben des
„Menschen charakterbestimmeud warfen, los und ledig wissen?
*) Günther irrte buchstäblich an den Ufern der Czisla (des Striegauer
Wassers), der Weistritz, Elbe, Pleisse, Elster, Oder, des Queis
und ßober, der Mulde und Saale, wie viele seiner Lieder uns ausdrücklich
bekunden,
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