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Psychische Studien. VIII. Jahrg. 12. Heft. (December 1881.) 537
Das Doppelbewusstsein der Miss Lurancy Vennum.
Seltsamer Fall von dauerndem Tranee oder sog. Besessenheit.
Von Dr. med. E. W. Stevens.
V.
(ScMuss von Seite 499.)
Am Sonntag d. 19. Mai 1878 gegen halb vier Uhr
Nachmittags sassen Mr. Roff und Mary mit einander im
Wohnzimmer; Henry Vennum, Lurancy 's Bruder, befand sich
im Sitzungszimmer, das von jenem durch noch ein Zimmer
und einem Vorsaal geschieden war. Mary verliess plötzlich
i hre Kontrolle, und Lurancy nahm wieder völligen
Besitz von ihrem eigenen Körper, Henry wurde herbeigerufen
, und sie umfing seinen Hals mit beiden Armen,
küsste ihn und weinte an ihm so heftig, dass alle Anwesenden
zum Mitweinen gerührt wurden. In diesem Augenblicke
wurde Mr. Roff herbeigerufen, und er fragte Lurancy, ob sie
so lange bleiben könnte, bis Henry gegangen sei und ihre
Mutter herbeigebracht haben würde? Sie hatte nämlich den
Wunsch ausgesprochen, heimzugehen, um ihren Vater und
ihre Mutter zu sehen. Sie sagte: „Nein"; wenn aber Henry
gehen und sie bringen würde, so würde sie wieder kommen
und mit ihr sprechen. Sie verschwand auch augenblicklich,
und Mary kam wieder. Als Mary gefragt wurde, wo sie
gewesen wäre, versetzte sie: — „Ich habe Dr. Stevens besucht,
er siehl noch so wohl aus wie immer."
Mrs. Vennum wurde in einer Stunde herbeigebracht, und
bei ihrem Eintreffen kam Lurancy wieder zur vollen Besitzergreifung
ihres Körpers zurück, wobei eine der rührendsten
Scenen, die man jemals erlebt, sich abspielte. Mutter und
Tochter umarmten und küssten einander, und weinten, bis
alle Anwesenden Thränen der Sympathie vergossen; sie schienen
fast in der Pforte des Himmels zu weilen.
Am Morgen des 21. Mai schrieb Mr. Roff Folgendes: —
„Mary soll den Körper Rauchs heute um 11 Uhr verfassen
, wie sie sagt. Sie sagt allen Nachbarn und Freunden
„Lebewohl, weil Rancy heute wirklich wieder heimkehre.
„Mary kam aus ihrem Zimmer eine Treppe hoch, wo sie
„mit Lottie schläft, gegen 10 Uhr in vergangener Nacht herab,
„legte sich zu uns nieder, umarmte und küsste uns, jammerte,
„dass sie uns Lebewohl sagen müsse, bat uns, alle ihre Bilder,
„Marmorsachen und Karten, sowie die 25 Cents, welche Mrs.
„Vennum ihr geschenkt hätte, an Rancy zu übergeben, und
„nahm uns das Versprechen ab, Rancy oft zu besuchen. Sie
„heisst mich, an Dr. Stevens Folgendes zusehreiben: — 'Sage
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