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158 Psychische Studien. IX. Jahrg. 4. Heft. (April 1882.)
Nachdem noch ein neuer, noch nicht dagewesener Geist
zum Vorschein kam, wurde das Medium von allen anwesenden
Geistern durch Trommeln mit den Fingern an die "Wände
aufgeweckt. Ein tiefer Athemzug brachte dasselbe zum
sog. geistigen Mittheilungen dabei sind noch eher erklärlich durch
die eigene psychische Natur des Mediums und durch ihren magnetischen
und hell besinnten, resp. Gedanken lesenden Rapport mit
dem CirkeL Indess zur Geister-Hypothese sofort seine Zuflucht zu
nehmen, möchten wir so lange abrathen, bis nicht die allerzwingendste
Notwendigkeit hierzu vorhanden ist. Noch immer haben wir es nur
mit einer befremdlichen mediumistischen Kraftbegabung zu thun, deren
Studium erst in ihren Anfangsstadien steht. Erst durch eine lange
Reihe von Vergleichen lässt sich ein sicherer, inductiver Schluss vermitteln
. Es ist schon so Vieles in spiritistischen Zeitschriften meist
blindgläubiger Richtung Geistern zugeschrieben worden, dass diese
Art Geistererklärung für alle und jede Art Kundgebung nachgerade
in Misskredit gekommen ist, wenigstens in den kritischen Augen
nüchterner Geistforscher. Wir besitzen Beispiele von sog. Geister-
Manifestationen, weiche sich schliesslich bei aller scheinbaren Glaubwürdigkeit
durcn Nebenumstände doch als ebenso subjectiv-phantastisch
erwiesen als der angebliche Sohn des Rübezahls. 104. Wir halten das
wirkliche Reich der Abgeschiedenen für viel zu hoch und
hehr, als dass es dergleichen Phantasmagorien mit uns
treiben sollte, Suchen wir den Grund für letztere vielmehr zuerst in
unserer eigenen subjektiv-geistigen Natur, an der wir uns doch nur für
die reale Wirklichkeit erziehen sollen. Und hier könnten auch unsere
Physiologen, Psychologen und Naturforscher ohne alle weitere Gespensterfurcht
mit ihren Forschungen ruhig mit einsetzen. Sie haben
sich bis jetzt nur vor der Lächerlichkeit., dabei abergläubisch zu erscheinen
, gefürchtet. Durch ihre verbundene Beobachtung auch dieser
merkwürdigen Erscheinungen würden sie vielleicht hinter ein neues
Naturgeheimniss kommen. Die ranen Thatsachen würden sie am
Ende doch auch zugestehen müssen, und damit war3 schon ein Bedeutendes
gewonnen. Sollte die gerühmte deutsche Wissenschaft und
Beobachtungsfähigkeit wirklich schon so erlahmt sein, dass sie diese
Aufgabe nicht zu lösen vermöchte? Die zuerst bestrittene Wahrheit
der sog. hypnotischen Erscheinungen ist doch bereits von einigen
Männern der Wissenschaft constatirt. Auch die Constatirung der
mediumistischen Phänomene wird nicht ausbleiben. Wieso aus
einem scheinbaren Nichts doch ein Etwas hervorgebildet werden
könne, dafür hat bereits Herr Prof. Butlerotv in St. Petersburg den
Chemikern und übrigen Naturforschern wichtige Anhaltspunkte in
seinem Artikel: „Berührungspunkte von Homöopathie und Mediumismus
" gegeben („Psych. Stud." Jan.-Heft 1882, S. 10 ff.)- Wir glauben
zur Begründung unseres Standpunktes noch hinzufügen zu können,
dass unsere eigene seelische Kiaft des Empfindens, Denkens und
Wollens genug Anhaltspunkte darbietet, um uns die Analogie der
sog. plastischen mediumistischen Matenalisations-Erscheinungen mit
ihnen nahe zu fuhren. Jede unserer inneren Wahrnehmungen und jede
unserer Vorstellungen und Ideen dürfte schon eine solche in uns en
miniature plastisch gestaltete Nervenkraft sein, welche freilich meist nur
mit uns schon sinnlich bekannten Materialien nach Aussen hin weiter
gestaltend arbeitet. Stellen wir uns nun vor, diese Wahrnehmungsund
Vorstellungskraft oder unsere schaffende Phantasie werde im
magischen Seelenzustande eines Mediums unwillkürlich ausserhalb des
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