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Hüllmann: Slade und Schradieok in Hamburg. 291
dass diese Täuschung aber bei späteren Malen geschehen
sein kann, muss ich einfach für unmöglich erklären, da ich
gerade diesem Experiment meine besondere Aufmerksamkeit
zuwandte und mich ganz besonders davon überzeugte,
dass alle vier Seiten unbeschrieben waren und die Tafeln
während des Experimentes nicht unter den Tisch kamen. —
Nachdem Slade von Hamburg fortgereist war, trat
Herr Schradieck mit der Ankündigung hervor, dass er unter
denselben Bedingungen wie Slade Sitzungen gebe. Daraufhin
besuchte ich Schradieck und schilderte ihm das oben
beschriebene Experiment mit Hinzufügen des "Wunsches,
dasselbe von ihm copirt zu sehen. Schradieck erwiderte
mir, dass er mir nur das zeigen könne, was er selbst von
Slade gesehen habe. Darauf Hess ich ihn ruhig gewähren
und mir das vorführen, was er bei Slade gesehen hatte
und also nachmachen wollte. Es beschränkte sich auf
einige Klopflaute, wie sie Jeder ohne alle Vorübung mit
seiner Stiefelspitze hervorbringen kann, auf das Werfen
des Griffels, welches allerdings mit Geschick copirt wurde,
und auf Tafelschrift» Die Tafelschrift wurde unter dem
Tisch erzeugt und zwar in einer Weise, dass ein nur einiger-
maassen aufmerksamer Beobachter sofort bemerken konnte,
wie es geschah. Schradieck streckte den Arm mit der Tafel
tief unter den Tisch, legte sie auf die Knie oder sonst wo
hin und schrieb, während er die convulsivischen Zuckungen
Slade's nachmachte, einige kurze Worte und einmal auch
eine Antwort auf eine auf die andere Seite der Tafel von
mir geschriebene Frage. Das Lesen dieser Frage, das er
besorgte, indem er bei seinen Zuckungen auf die unter dem
Tisch von ihm hin und her bewegte Tafel sah, dauerte
sehr lange und wurde mit wenig Geschick ausgeführt,
während in meinen Sitzungen mit Slade die Antworten stets
unmittelbar, nachdem ich die Frage aufgeschrieben hatte,
erfolgten und oft die ganze Tafel füllten. — Ein dem von
mir oben beschriebenen S/absehen Experiment in Etwas
ähnliches machte Schradieck folgendermnassen: — Er nahm
beide Tafeln, zeigte mir die 4 unbeschriebenen Seilen, lc#to
ein Stück Schieferstift dazwischen, hielt sie unter den Tisch,
zog sie nach geraumer Zeit wieder hervor, öffnete sie und
zeigte, dass noch Nichts dazwischen geschrieben sei;
dann legte er die Tafel, die eben zu unterst gelegen, nach
oben und zwar, ohne sie zu wenden, (wie man Karten
„abnimmt"), darauf drehte er beide Tafeln zusammen um,
lies3 mich sie mit ihm zusammen an meine Schulter halten,
ich hörte das sehr gut mit dem Fingernagel imitirte
Schreiben und fand nach dem Auseinandernehmen auf der
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