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Wittigt Ueber die letzten Standen Friedrichs d. Grossen. 425
aus. (Man sehe Prof. Zöllners „Wiss. Abhandl." 2. Band
1. Theil S. 292 ff.) Wir heben nur einen Satz heraus, aus
dem sich wenigstens unsere Folgerungen von selbst ergeben
dürften: — „Der Mensch ist ein dem Schoosse der Natur
entsprungenes vernünftiges Wesen; es rauss also die
Natur unendlich viel intelligenter als er selbst sein, oder
sie müsste ihm Vollkommenheiten verliehen haben, welche
sie selber nicht besitzt; dies würde ein formaler Widerspruch
sein." —
Ueber Voltaire spricht sich auch A. J. Davis in
seinem Werke: „Der Reformator" (Leipzig, 0. Mutze,
1867) S. 32 ff- in ganz ähnlichem Sinne aus wie der grosse
König. Daselbst heisst es von ihm, nachdem Davis die
englischen Männer des Wissens im Zeitalter der Königin
Elisabeth geschildert, welche nach ihm nur aus der Stirnregion
schrieben, zwar gelehrt, aber nicht weise waren und
in ihrem Skeptizismus an nichts glaubten: — „Doch wer
soll Weisheit beschreiben? War Voltaire ein weiser
Mann? Er war allerdings gelehrt; auf der Oberfläche der
Geschichte, in der Statistik, in der Kritik, in Formen,
Resultaten und in den Ursachen der Resultate war er vorzüglich
bewandert; aber war er weise? Leset Voltaire mit
dem Denkvermögen eures Stirngehirns, messet sein Wissen
an eurem eigenen, und ihr werdet einen Riesen an eurer
Seite sehen. Und wenn ihr ein grosses Gebiet der Geschichte
überblicken wollt, so müsst ihr euch auf seine
Schultern stellen und mit seinen Augen sehen. Die Erleuchtung
findet um sein "Vorderhaupt statt; nicht ein
Juwel der Weisheit blitzt über ihm! Er war kein Genie,
sondern ein Entdecker. Er glaubte nichts; er stützte sich
nur auf die Gerätschaften des Wissens; und in dieser Beziehung
war kein menschlicher Palast jemals reicher ausgestattet
. Voltaire ist daher vergleichbar mit einem grossen
Berge, dessen Fuss warm und umgrünt und im Sonnenlicht
gebadet ist, während sein Gipfel von dunklen, frostigen
Wolken umhüllt bleibt, die ganz voll Hagel und Schnee
sind. — Die Weisheit ist schwer zu beschreiben ..." —
Gr. C. Wittig.
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