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310 Psychische Studien. XXIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1896.)
Wäiger (oder Christoph Wagner, wie das Faustbuch von 1587
sagt), einen „verwegenen Lecker" und „bösen Buben", der
früher „betteln umbgangen." — Mit diesem und Mephostophiles
wirthschaftet er nun, und der Letztere kann gar nicht genug
Geld zur Befriedigung von Fausfs Begierden herbeischaffen.
Auch seinem Wissensdrang sucht Faust Genüge zu thun
durch seine Disputationen mit Mephostophiles über metaphysische
und astronomische Materien; Mephostophiles
unterrichtet Faust in der Astrologie. Faust fährt in die
Hölle; reist ins Gestirn; bereist die ganze Erde, wobei er
vom „Gipfel der Insel Caucasus" das Paradies sieht. Aber
auch genug Historien erzählen die Faustbücher zum Beweise,
dass Faust ,,ein säuwisch und epikurisch Leben" geführt,
und wie ihn „seine Aphrodisia Tag und Nacht stäche",
worauf Mephostophiles, um seine „Brunst und Unzucht, die
Tag und Nacht nach Gestalt der schönen Weiber trachtete",
zu stillen, ihm Teufel in Gestalt und Form der von ihm
begehrten Frauen zuführte.
Um zu erweisen, dass Faust in der That der Collectiv-
zauberer des Mittelalters war, und dass beinahe alle früheren
Zaubersagen in die Faustsage übergingen, sollen jetzt noch
einige Zauberschwänke aus den Faustbüchern angeführt
und die Parallelstellen dazu gegeben werden: — Wie wir
gesehen haben, berichten Zeitgenossen und Faustbücher,
dass Faust einen Hund bei sich gehabt, und zwar einen
„schönen, schwarzen, zotteten Pudel", der Praestigiar hiess,*)
und ein böser Geist gewesen sein soll. Dieser Pudel verwandelte
auf Fausfs Wunsch seine Farbe in braun, weiss,
roth. Schon bei der Sage von Sylvester IL haben wir einen
solchen schwarzen Hund als Begleiter desselben angetroffen,
der auch der Teufel gewesen sein soll; auch von Agrippa
von Nettesheim wird erzählt, dass er zwei schwarze Pudel:
— „monsieur" und „mademoiselle" gehabt, ein Feuerstreif
ging bei Nacht hinter ihnen her. Noch Agrippa'% Schüler,
der schon erwähnte und rühmlichst bekannte Bekämpfer
der Hexenprozesse, /. iVierus, sucht in seinem Werke:
— „De praestigiis daemonum" — seine Lehrer von dem
Verdachte der Zauberei zu reinigen und verwahrt sich ausdrücklich
dagegen, dass die beiden Hunde Agrippa's Familiar-
teufel gewesen seien. — Die Faustbücher erzählen von der
Beschwörung der Schatten Jfeelor's, Achilfs und des
Königs David durch Faust vor Kaiser Karl V. (1519—1556),
*) Praestigiar kommt von praestigiae, d. i. Blendwerk, her. Man
vergleiche damit Goethe, wo auch der Teufel sich zuerst Fausten in
Gestalt eines Pudels nähert, auf dessen Pfaden — „Feuerstrudel"
herzieht, — ganz wie es wieder von Agrippa'n Pudeln erzählt wird. —
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