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Psychische Stadien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet
29. Jahrg. Monat Mai. 1902.
I. Abtheilung.
Historisches und Experimentelles.
Geistige und soziale Strömungen bei der Wiedergeburt
des modernen Okkultismus,
Eine kulturhistorische Studie.
Von Q. Ij. Danfeiiiar.
(Fortsetzung von Seite 201.)
Vor dem Sturze Robespierre?8 spielte sich die interessante
Affaire der Frau v. St. Amaranthe ab. Diese nämlich gehörte
mit ihrer ganzen Familie zur Gemeinde der „Mutter Gottes",
d. i. einer inspirirten Seherin Catherine Thiot, welche unter
der Aegide eines Bxkarthäusers Dom Gerle in einem abgelegenen
Quartier von Paris, der Eue Contre-escarpe lebte.
Die Theot gab vor, mit Geistern in Verbindung zu stehen
und mit der Gabe der Prophezeiung ausgerüstet zu sein.
In ekstatischen Reden bezeichnete sie Robespierre als Sohn
des Höchsten, als zukünftigen Erlöser Israels und Gründer
einer neuen Religion. In ihrem Kreise war eine Art von
neuem Kultus, mit wunderlichen Oeremonien, Gesängen,
Besessenheitszuständen eingeführt, welchem besonders von
ehemaligen Royalisten gehuldigt wurde. Durch Dom Gerle,
der schon früher den Offenbarungen der Inspirirten Susanne
Labrusse gelauscht, und durch die schöne Frau v. St Amaranthe
wurde Robespierre in den Abendmahlssaal der Catherine Theot
mit seinen Mysterien eingeführt und speiste öfters im Hotel
der Frau v. St. Amaranthe, sich in der Rolle eines neuen
Messias gefallend. Vadier und Barere, welche durch ihre
Agenten von der Sache Wind bekommen hatten, liessen
durch den Sicherheitsausschuss die ganze Sekte aufheben,
verhaften, als Verschwörer des Auslandes, zu denen, als
Psychische Studien. Mai 1902. Xg
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